Mein größter Fehler

Auch die Großen der Branche machen nicht alles richtig. Hier erzählen sie von ihren Fehltritten und Rückschlägen, davon, was sie daraus gelernt haben und wie sie es heute besser machen. Diesmal: Juan Amador.<br />
November 13, 2015

Juan Amador im InterviewFoto: Werner Krug

Juan Amador
3-Sterne-Koch und Molekular-Pionier Deutschlands | Expansion mit mehreren Restaurants, Kochschule und Hotel | Misserfolge und Wirtschaftskrise 2008 | Aktiengesellschaft scheitert 2012 Insolvenz | Umstrukturierung und Verkleinerung | Neustart in Wien 2015

Die Verluste waren so hoch, dass wir sie nicht mehr tragen konnten“, sagt Juan Amador heute, zweieinhalb Jahre nachdem er Insolvenz für seine Amador AG anmeldete. Mit drei Michelin-Sternen zählt der gebürtige Schwabe zu den am höchsten dekorierten Köchen der Welt. Seine kulinarischen Höhenflüge bewahrten ihn jedoch nicht vor einem wirtschaftlichen Absturz.

Im Jahr 2011 nahm die sowieso schon brenzlige Lage von Amadors Gourmetimperium ihre noch fatalere Wende. Schon viel früher hatte alles begonnen, weiß der Ausnahmekoch genau um die Ursachen: „Als wir in der Hochphase waren, wo wir drei oder vier Restaurants hatten, eine Kochschule und ein kleines Hotel, da kam die Krise Ende 2008 und das ist dann schwierig, da rauszukommen. Pachtverträge und das Personal steht, selbst wenn man sich verschlankt, noch ein, zwei Monate auf der Payroll.“ Diese Res­taurants brachten Altlasten mit und die Expansion habe ihren Teil beigetragen. Das Sternelokal in Langen bei Frankfurt, das mit Verbindlichkeiten von kolportierten gut zwei Millionen Euro in den roten Zahlen steckte, wurde 2011 geschlossen. Das Res­taurant Amador in Mannheim sollte alles wieder auf Kurs bringen.

Dann brachten Ex-Partner die fatale Idee ins Spiel, eine Aktiengesellschaft zu gründen, um Kapital zu beschaffen. Die anderen GmbHs wurden in die neu gegründete Amador AG mit vier Teilhabern übernommen. Ungewöhnlich, mit einer risikobehafteten Branche wie der Gastronomie an die Börse zu gehen, das weiß Juan Amador heute, zumal die Investitionen für die Gründung einer AG erst mal richtig ins Geld gehen. Eine sechsstellige Summe müsse man dafür in die Hand nehmen. Doch nach den ersten Monaten zeigte sich, dass die Investoren ausblieben. „Wir sind halt nicht Apple, Siemens oder Mercedes-Benz“, sieht es Amador heute mit der nötigen Distanz.

Ursachenforschung von Seiten des Sternekochs…

Juan Amador im InterviewFoto: Werner Krug

Juan Amador
3-Sterne-Koch und Molekular-Pionier Deutschlands | Expansion mit mehreren Restaurants, Kochschule und Hotel | Misserfolge und Wirtschaftskrise 2008 | Aktiengesellschaft scheitert 2012 Insolvenz | Umstrukturierung und Verkleinerung | Neustart in Wien 2015

Die Verluste waren so hoch, dass wir sie nicht mehr tragen konnten“, sagt Juan Amador heute, zweieinhalb Jahre nachdem er Insolvenz für seine Amador AG anmeldete. Mit drei Michelin-Sternen zählt der gebürtige Schwabe zu den am höchsten dekorierten Köchen der Welt. Seine kulinarischen Höhenflüge bewahrten ihn jedoch nicht vor einem wirtschaftlichen Absturz.

Im Jahr 2011 nahm die sowieso schon brenzlige Lage von Amadors Gourmetimperium ihre noch fatalere Wende. Schon viel früher hatte alles begonnen, weiß der Ausnahmekoch genau um die Ursachen: „Als wir in der Hochphase waren, wo wir drei oder vier Restaurants hatten, eine Kochschule und ein kleines Hotel, da kam die Krise Ende 2008 und das ist dann schwierig, da rauszukommen. Pachtverträge und das Personal steht, selbst wenn man sich verschlankt, noch ein, zwei Monate auf der Payroll.“ Diese Res­taurants brachten Altlasten mit und die Expansion habe ihren Teil beigetragen. Das Sternelokal in Langen bei Frankfurt, das mit Verbindlichkeiten von kolportierten gut zwei Millionen Euro in den roten Zahlen steckte, wurde 2011 geschlossen. Das Res­taurant Amador in Mannheim sollte alles wieder auf Kurs bringen.

Dann brachten Ex-Partner die fatale Idee ins Spiel, eine Aktiengesellschaft zu gründen, um Kapital zu beschaffen. Die anderen GmbHs wurden in die neu gegründete Amador AG mit vier Teilhabern übernommen. Ungewöhnlich, mit einer risikobehafteten Branche wie der Gastronomie an die Börse zu gehen, das weiß Juan Amador heute, zumal die Investitionen für die Gründung einer AG erst mal richtig ins Geld gehen. Eine sechsstellige Summe müsse man dafür in die Hand nehmen. Doch nach den ersten Monaten zeigte sich, dass die Investoren ausblieben. „Wir sind halt nicht Apple, Siemens oder Mercedes-Benz“, sieht es Amador heute mit der nötigen Distanz.

Ursachenforschung von Seiten des Sternekochs: „Wenn man sich das alles aufgebaut hat und die Kiste wackelt, versucht man es natürlich zu retten. Dann denkt man nicht zahlenorientiert, dann denkt man emotional und klammert sich an jeden Halm, den man entgegengestreckt bekommt, und glaubt auch dran.“ Zu euphemistisch habe er diese neue Chance betrachtet, sei zu sehr in Aktionismus verfallen. Die nackten Zahlen brachten schließlich die Entscheidung und sie führten auch dazu, dass Amador am 29. Oktober 2012 Insolvenz anmeldete.

Wir hatten eine AG und das ist mangels Aktionären komplett in die Hose gegangen.
Wir sind halt nicht Apple, Siemens oder Mercedes-Benz.
Juan Amador über falschen Aktionismus in der Krise

Von da an machte der heute 46-Jährige als Unternehmergesellschaft ohne Großinvestor im Rücken allein weiter. Nun ging es um Kostenkontrolle. Sich von der Sterne­gastronomie zu verabschieden, sei aber nie infrage gekommen. Stellschrauben waren vielmehr die Personalkosten, der Wareneinsatz und der kostspielige Weinkeller, der zukünftig über Kommissionsgeschäfte laufen sollte. Wie diese Anpassungen Früchte trugen, habe sich laut Amador relativ schnell in konkreten Zahlen gezeigt. Von einer bis zu 16 Mann starken Küchenbrigade blieben zehn: „Ich hab die Tischkapazität halbiert, statt zehn Tischen hatten wir jetzt fünf. Dadurch habe ich natürlich auch die Personalkosten halbiert und eine viel höhere Auslastung. So konnten wir viel besser kalkulieren und haben knapp 300.000 Euro im Jahr gespart. Das ist schon ein Batzen Geld, wenn man nur noch um die 25.000 statt 50.000 Euro Personalkosten im Monat hat. Klar hatten wir dann auch weniger Gäste, aber im Verhältnis war es nicht mehr diese Diskrepanz.“ Natürlich sei er der Insolvenz­verwalterin weiterhin Rechenschaft schuldig, seit 2013 kann der heute 46-Jährige aber die Zahlen vorweisen, dass der Turn-around geschafft ist.

Was er daraus gelernt habe? „Regel Nummer eins: Nichts überstürzen. Und Regel Nummer zwei: Weniger ist mehr.“ Das gilt es jetzt, für Juan Amador zu beweisen. Mit 16. Mai hat er sein Mannheimer Restaurant geschlossen. Im Oktober will der Starkoch in Wien, der Heimat seiner Frau, mit einem kleinen Restaurant neu starten. Die Planungen laufen seit Jahren: 24 Plätze, kleine Küchenbrigade, Investition im mittleren sechsstelligen Bereich, Geschäftspartner sind Family and Friends, Amador habe dazugelernt: „Ich hab keine Investoren mit im Boot, das ist ein böses Wort. Die wollen immer mehr und immer mehr. Genau den Fehler hab ich schon mal gemacht, den mach ich nicht noch mal.“ Unternehmensform werde sehr wahrscheinlich eine GmbH & Co. KG mit einer Art Holding sein: „Vielleicht kommen mal eine Tapas Bar oder ein Catering dazu, in der GmbH sind dann alle operativen Geschäfte gebündelt, um die verschiedenen Kostenstellen sauber voneinander zu trennen.“

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