Rock Star

Starallüren, Rebellentum und Revolution? Thomas Dorfer braucht das nicht. Dieser Mann ist Manns genug, um im Landhaus Bacher eine Trendwende ohne Brechstange durchzusetzen.
November 13, 2015

Thomas Dorfer Fotos: Wolfgang Hummer, Luzia Ellert

An Thomas Dorfer klebt das Perfekter-Schwiegersohn-Stigma. Gibt bekanntlich Schlechteres. Aber mein Gott, das ist so was von durch. Vermutlich wird das Landhaus Bacher in den Köpfen einiger auf ewig das Refugium von Lisl bleiben – heißt ja schließlich auch so. Dass hier nach wie vor eine gesamte Familie am Werk ist, um das Rad am Laufen zu halten, kann man in einer Zeit der Großinvestoren als durchaus charmanten und erfreulichen Umstand loben. Aber mittlerweile ist es Thomas – Dorfer, nicht Bacher –, der für die Küchenlinie verantwortlich ist. Basta. Dafür streift er jedes Jahr ebenso seine hochverdienten 18 Punkte im Gault Millau ein und war in der S.Pellegrino-Liste 2012 auf Platz 91. Und dennoch muss er sich immer wieder den Vorwurf anhören, dass er…

Thomas Dorfer Fotos: Wolfgang Hummer, Luzia Ellert

An Thomas Dorfer klebt das Perfekter-Schwiegersohn-Stigma. Gibt bekanntlich Schlechteres. Aber mein Gott, das ist so was von durch. Vermutlich wird das Landhaus Bacher in den Köpfen einiger auf ewig das Refugium von Lisl bleiben – heißt ja schließlich auch so. Dass hier nach wie vor eine gesamte Familie am Werk ist, um das Rad am Laufen zu halten, kann man in einer Zeit der Großinvestoren als durchaus charmanten und erfreulichen Umstand loben. Aber mittlerweile ist es Thomas – Dorfer, nicht Bacher –, der für die Küchenlinie verantwortlich ist. Basta. Dafür streift er jedes Jahr ebenso seine hochverdienten 18 Punkte im Gault Millau ein und war in der S.Pellegrino-Liste 2012 auf Platz 91. Und dennoch muss er sich immer wieder den Vorwurf anhören, dass er nicht modern genug sei. Man warte auf die kulinarische Revolution. An dieser Stelle sei gesagt: Hören Sie auf damit. Die wird nicht mehr kommen. Denn die ist schon lange passiert.

Aber nicht mit einem lauten Knall oder der Proklamation, dass alles Alte vom Tisch gefegt wird. Von heute auf morgen alles zu verändern, wäre auch in dem sensiblen und stark saisonal begrenzten Gästemarkt der Wachau eine bloße Egobefriedigung, die erstens nicht zur Persönlichkeit von Thomas Dorfer passt und zweitens vermutlich binnen kurzer Zeit zu einem wirtschaftlichen Desaster führen würde. Sensibel, leise, jedoch unaufhörlich hat Thomas in Absprache (!) mit Lisl Wagner-Bacher die Küche zu seiner werden lassen. Das nennt man Entwicklung. Die Handhabung modernster Techniken, die Wiederbelebung alter Methoden und die Implementierung der eigenen Handschrift, von der der Gault Millau sagt, sie sei unverwechselbar genial, inklusive.

Landhaus Bacher

Von Anfang an stellte der gebürtige Kärntner Experimente an, feilte an Techniken und Produktverarbeitung. Vor sieben Jahren wurde noch nicht so aufwendig gekocht wie jetzt. Dass man die viele Arbeit und die einzelnen Schritte bis dorthin nicht als solche erkennt, ist gewollt – und auch darin liegt Kunst und Handwerk. Am schwierigsten ist es eben, Komplexes als etwas Einfaches darzustellen. „Vielleicht sollte ich dazu übergehen, dass ich nicht nur ‚Gemüse‘ auf die Karte schreibe, sondern ‚fermentierter Rübensaft‘. Es macht mich schon ein wenig traurig, dass die Leute die Veränderungen teilweise nicht wahrhaben wollen, die stetig und mit jedem neuen Menü passieren. Aber das Landhaus Bacher ist nun mal ein traditionelles Haus. Warum sollte ich mich dafür immer rechtfertigen?“ Auf der Homepage ist zu seiner Person Folgendes zu lesen: „Eine zeitgemäße, kreative Küche, mit besten Produkten, perfekt zubereitet, ist modern genug.“ Dazu sollte man wissen, dass für Dorfer „modern“ nichts damit zu tun hat, auf den spanischen oder skandinavischen Zug aufzuspringen. „Darf man die österreichische Küche nicht auch neu orientieren? Gilt das denn nicht als modern?“ Berechtigte Frage. Denn ist genau das nicht eigentlich mehr als überfällig in Österreich und damit Avantgarde im eigentlichen Sinne, genau an so einer Linie zu feilen?

phpRoihNGDoch Thomas Dorfers Leidenschaft für die Küche beschränkt sich nicht nur auf die seinige. Er gehört zu der neuen Generation an Köchen, die den gesamten Berufsstand weiter nach vorne bringen will. Er ist (gemeinsam mit Andreas Döllerer) österreichischer Präsident der Jeunes Restaurateurs D’Europe und Teil des neu aufgestellten Bocuse-d’Or-Trainer-Teams unter der Präsidentschaft des National Organization Committees für Österreich von Rudi Obauer.

Eine Herzensangelegenheit, schließlich ist er mit seinem hervorragenden sechsten Platz nach wie vor der erfolgreichste Österreicher in diesem renommierten Bewerb. Bei ihm selbst waren es zwei Jahre, in denen sich sein Leben um den Bocuse d’Or drehte, er fuhr zu allen Kandidaten, die jemals Österreich vertreten haben, ließ sich von Rudi Obauer coachen und war ganz tief drin in der Sache. Und genau dieses Know-how und seine Erfahrungen will er nun selbst weitergeben. Gerne auch kritisch, weil nur durch Lob wird man auch nicht klüger oder besser. Auch Dorfer nicht. Aber eines muss stimmen: „Nur wenn du mit voller Seele dabei bist, geht das. Du musst es wollen. Aber so ist das mit allem in meinem Leben. Entweder mache ich etwas mit Leidenschaft und Engagement oder ich lass es sein.“ Dass das nicht dahingesagt ist, zeigt das Beispiel Jeunes Restaurateurs D’Europe. Es war das Meeting vor einem Jahr. Ziel: die Auflösung der Österreich-Zweigstelle. Von den sieben Vertretern sind sowieso nur fünf gekommen. Klappe zu, Affe tot. Aber dann kamen Dorfer und Döllerer zu Wort. Und die krempelten die Sache um, wollten was bewegen und den Spirit nicht ein Lüftchen der Bedeutungslosigkeit werden lassen. Das Resultat: Heute sind die JRE Österreich eine geschäftige Verbindung, binnen eineinhalb Monaten verdoppelte sich die Mitgliederanzahl, ein eigenes Büro unter Andreas Krainer wurde eröffnet und Partner wie Carpe Diem aufgetrieben. „Wenn man was angeht, dann richtig.“ So ist er eben, der Thomas.

Ein Mann, eine Mannschaft
Doch ein übersteigertes Selbstbewusstsein trotz großartiger Erfolge in den Gourmetführern und wegen seiner Präsenz in dieser Initiativen hat ihn niemals überkommen. Er wird nicht müde zu sagen, dass alle diese Leistungen ausschließlich einem entspringen: dem Teamwork. Angefangen von den starken Familienbanden der Familie Wagner-Bacher-Dorfer. Alle, ob nun die Schwiegereltern, Ehefrau Susanne oder Schwägerin Christina, leben das Prinzip Landhaus Bacher. Vermutlich nicht immer reibungslos, aber enorm produktiv und mit Hingabe.

Die spiegelt sich auch in der Arbeit der Stammmannschaft wider. Servicechefin Johanna Stiefelbauer, Andreas Rottensteiner, der Sommelier, oder auch Sous Chef Tobias Wussler und Chef Pâtissier Thomas Naderer sind für Thomas Dorfer unerlässliche Stützen. Die es allerdings gilt, nicht nur zu fordern, sondern auch zu fördern. „Gib den Leuten einen Anreiz, Verantwortung und Freiheit. Wer das Gefühl hat, oder besser, wer genau weiß und spürt, dass er Teil einer gemeinsamen Sache ist, wird sich immer mehr einsetzen als jemand, für den sein Beruf nur ein Job ist.“

Ich habe immer ein Ziel. Und darauf arbeite ich hin, bis es erreicht ist. Ohne Kompromiss.
Thomas Dorfer über Einstellung

Dass es nicht selbstverständlich ist, genau solche Leute um sich zu scharen, ist Dorfer bewusst. Trotz großen Namens geht es ihm wie anderen hochdekorierten Küchenchefs in Österreich und Deutschland: Es fehlt an Personal. Vielleicht ist er auch deswegen so stolz auf die Fixstarter in seinem Team. „Silvio Nickol hat zu seiner Auszeichnung von Gault Millau zum Koch des Jahres etwas sehr richtiges gesagt: Das ist keine Auszeichnung für mich, sondern die Auszeichnung müsste heißen: Team des Jahres. Und das ist genau so, wie ich es auch empfinde.“

Thomas Dorfer ist eben keiner, der harte Sprüche klopfen muss. Oder mit Kraftausdrücken um sich wirft. Er ist irgendwie ein Sir und ein Mann der alten Schule. Ist das schlecht? Ist das unmodern? Nein. Das ist es, was man Zukunft nennen muss.

Starschnitt
Nicht ohne mein Team: Thomas Dorfer weiß sehr wohl, dass man nur so stark ist wie das schwächste Glied im Team. Doch diese Damen und Herren aus der Schmiede Landhaus Bacher sind alle aus einem Eisen gegossen und ziehen alle am selben Strang. Leider waren an diesem Tag Klaus Bacher und Christina Kopriva-Wagner nicht anwesend und fehlen daher in dieser wunderbaren Heldengallerie auf den folgenden Seiten!

Starschnitt

www.landhaus-bacher.at

Hier geht’s zu den großartigen Rezepten von Thomas Dorfer und anderen Starköchen!

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Wall of fame

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