LOCAL EXOTICS: Das neue kulinarische Paradoxon.

Seit 25 Jahren erfasst Hanni Rützler in treffsicheren Food Reports den Wandel unserer Esskultur. Gerade in Zeiten der Pandemie ist ihr Weit­blick somit besonders wertvoll. Und für uns Anlass, Rützlers Fachwissen als Trend­-Serie zu servieren. Erster Gang: Local Exotics!
Februar 3, 2022 | Text: Johannes Stühlinger | Fotos: Shutterstock

Garnelen aus Bayern. Safran aus dem Burgenland. Quinoa aus dem Rheinland. Was vor zehn Jahren noch als utopisch abgetan worden wäre, ist plötzlich landwirtschaftliche Realität und sorgt in modernen Küchen für neue Akzente.

Hanni Rützler
NAHE ZUKUNFT? Noch werden in Deutschland keine Bananen angebaut. Dafür aber längst Quinoa. Es ist also wohl bloß noch eine Frage der Zeit …

Garnelen aus Bayern. Safran aus dem Burgenland. Quinoa aus dem Rheinland. Was vor zehn Jahren noch als utopisch abgetan worden wäre, ist plötzlich landwirtschaftliche Realität und sorgt in modernen Küchen für neue Akzente.

Hanni Rützler
NAHE ZUKUNFT? Noch werden in Deutschland keine Bananen angebaut. Dafür aber längst Quinoa. Es ist also wohl bloß noch eine Frage der Zeit …

Schuld an diesen kulinarischen Überraschungen ist – provokant ausgedrückt – ausgerechnet der Klimawandel! Aber alles der Reihenach. Tatsache ist, dass die Welt der Kulinarik und der Gastronomie in den vergangenen zwei Jahren weniger durch dieErderwärmung als durch die Pandemie auf den Kopf gestellt wurde. Ein Umstand, der jedoch gerade für Spitzengastronomen auch Chancen mit sich bringt, betont eine, die von ihrer Weitsicht lebt – Trendforscherin Hanni Rützler. In ihrem gerade erschienenen Food Report kommt sie zu dem Schluss, dass die Pandemie unseren Fokus vor allem auf den Umgang mit Nahrungsmitteln gelegt hat. Der Begriff „Kostbarkeit“ wurde wohl noch nie so in seiner ursprünglichen Wortbedeutung verstanden wie in diesen Tagen. Konkret hält Rützler fest, dass die Lockdowns unser Verständnis für lokale Lebensmittel um ein Vielfaches verstärkt haben „Die Präferenz für regionale Produkte ist schon seit Jahren ein wirkmächtiger Trend“, sagt sie.

Local Exotics  ein Paradoxon als Trend

Die Pandemie habe diesem einen kräftigen Schub verpasst. Schließlich habe das Virus unsere Verletzlichkeit aufgezeigt und somit Sicherheit und Vertrauen beim Konsum einen weit höheren Stellenwert bekommen. Gleichzeitig haben uns die Corona-Beschränkungen dazu gezwungen, auf Gerichte und Spezialitäten aus fernen Kulturen zu verzichten. Fernreisen wurden für den Großteil der Menschen genauso unmöglich, wie damit einhergehende kulinarische Neuentdeckungen. Eine Sehnsucht nach exotischen Geschmäckern ist die logische Folge. „Der Food-Trend ,Local Exotics‘ führt diese beiden widersprüchlichen Entwicklungen nun zusammen“, postuliert Hanni Rützler. Vereinfacht ausgedrückt besagt er, dass wir unseren Hunger nach exotischen Geschmäckern durch lokal erzeugte exotische Produkte stillen wollen. Quasi ein Arbeitsauftrag an alle Köche, die neue Tastes suchen.

Eine regionale Küche heisst  nicht mehr nur, dass halt das Fleisch des Wiener Schnitzels vom regionalen Bauern kommt.
Hanni Rützler, Autorin des Food Reports

Grosse Chance für kreative Chefs

Möglich macht das der schon erwähnte Klimawandel: „Längst gedeihen in Österreich und Deutschland Obst- und Gemüsesorten, die hier ursprünglich gar nicht heimisch sind“, sagt die Expertin. Gleichzeitigwirken technische Errungenschaften wie „Aquaponuk“ oder „Indoor Farming“ als Trendtreiber. „Da- rausergeben sich neue Geschmäcker, die wir bis dato gar nicht kannten“, staunt selbst die Fachfrau. DieseTatsache bedeutet für die kreativen Chefs der Nation einerseits eine besondere Herausforderung, andererseits aber eine noch nie dagewesene Chance. Was ist heimisch? Was ist exotisch und dennoch heimisch? Wo fängt regional an, wo endet es? Fragen wie diese dürfen wieder gestellt und können neu beantwortet werden. „Eine regionale Küche heißt nicht mehr nur, dass halt das Fleisch des Wiener Schnitzels vom regionalen Bauern kommt.“

Hanni Rützler
VEGANIS. Die innovativen Biobauern Michael Pilsel und Christoph Mick bauen im Seewinkel unter anderem Ingwer an. Ob seiner Frische ein besonderes Geschmackserlebnis!

Plötzlich sind Garnelen regional

Dieser Ansicht ist auch Crusta Nova-Geschäftsführer Fabian Riedel. Der Bayer gilt als Pionier unter den deutschen Garnelenzüchtern und verfolgt ein klares Ziel: Die Chefs der Sterneküchen sollen nicht mehr nur die Herkunft ihres Steaks kennen, sondern auch die der Garnelen, die sie servieren. Einer, der mit lokalen Meeresfrüchten schon fleißig experimentiert, ist Heinz Reitbauer vom Steirereck in Wien. Egal ob im rohen oder im gegarten Zustand, sanft confiert, gegrillt oder mariniert – die lokalen Exotics haben ihn überzeugt. „Zart nussig im Geschmack, mit einer gewissen Süße und hoher Bissfestigkeit“, so sein Resümee. Aufeinmal sind also bis dato nicht-regionale Produkte regional. Eine Tatsache, die nicht nur Köchen Freude bereitet. Sondern vorallem auch nachhaltig denkenden Gourmets.

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Den Food Report von Hanni Rützler mit allen Trends, die das Konsum- und Essverhalten verändern, gibt es unter: zukunftsinstitut.de

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