Von wegen mein Süsser

Alles easy. Patisserie-Stars René Frank, Christian Hümbs und Dominique Persoone sind sich einig: Die Patisserie 2.0 ist leicht und schmeckt nach Laub, Käse oder Holz.
Februar 24, 2017 | Fotos: ett la benn

 Kreativ-Werkstatt: In René Franks Coda Dessert Bar rauchen nicht nur die Köpfe.

Weniger ist mehr

Die richtig deftigen Dessert-Kracher nach einem ohnehin schon kaum bewältigbaren 20-Gänge-Menü sind, wie die Karriere von David Hasselhoff, längst vorbei. Darüber sind sich die Ausnahmekönner der Branche unisono einig.
Sorbets mit zehn verschiedenen Früchten oder eine Mousse au Chocolat samt beinahe gesundheitsgefährdender Zuckerbombe findet man nur noch in einschlägigen Fast-Food-Läden – die Spitzengastronomie geht einen anderen Weg.

Hier gehört heute Gemüse genauso zur Vorratskammer einer Patisserie wie Schweinehaut, Moos, Hölzer oder Laub. Neben der Produktvielfalt geht der Trend ganz klar in Richtung „Weniger ist mehr“ – nämlich Zucker.
Dabei wird neben Alternativen wie Ahornsirup, brauner Zucker oder Honig versucht, mit frucht- und gemüseeigenem Zucker zu arbeiten. Das Ergebnis sind leichte Kreationen, die keine Angst vor ungewöhnlichen Aromen haben.

Kulinarischer Robin Hood

Was sich für viele wie ein provokanter Tabubruch anhört, ist für die avantgardistischen Dessertkünstler längst normal. „Die Patisserie hat sich in den letzten Jahren ganz eindeutig verändert.
Da ist Gemüse auch nicht mehr wegzudenken“, stellt der Chef Patissier Christian Hümbs aus dem zweifach besternten Hamburger Gourmettempel Haerlin klar.
Wie abgefahren moderne Patisserie sein kann, zeigt der innovative Kulinarik-Pionier in seiner Kreation des herbstlichen Walds. Dabei tischt der Kreativkopf Fichtennadel-Sorbet mit echtem Moos sowie knusprigen Blättern und kleinen Ästen auf.

 Kreativ-Werkstatt: In René Franks Coda Dessert Bar rauchen nicht nur die Köpfe.

Weniger ist mehr

Die richtig deftigen Dessert-Kracher nach einem ohnehin schon kaum bewältigbaren 20-Gänge-Menü sind, wie die Karriere von David Hasselhoff, längst vorbei. Darüber sind sich die Ausnahmekönner der Branche unisono einig.
Sorbets mit zehn verschiedenen Früchten oder eine Mousse au Chocolat samt beinahe gesundheitsgefährdender Zuckerbombe findet man nur noch in einschlägigen Fast-Food-Läden – die Spitzengastronomie geht einen anderen Weg.

Hier gehört heute Gemüse genauso zur Vorratskammer einer Patisserie wie Schweinehaut, Moos, Hölzer oder Laub. Neben der Produktvielfalt geht der Trend ganz klar in Richtung „Weniger ist mehr“ – nämlich Zucker.
Dabei wird neben Alternativen wie Ahornsirup, brauner Zucker oder Honig versucht, mit frucht- und gemüseeigenem Zucker zu arbeiten. Das Ergebnis sind leichte Kreationen, die keine Angst vor ungewöhnlichen Aromen haben.

Kulinarischer Robin Hood

Was sich für viele wie ein provokanter Tabubruch anhört, ist für die avantgardistischen Dessertkünstler längst normal. „Die Patisserie hat sich in den letzten Jahren ganz eindeutig verändert.
Da ist Gemüse auch nicht mehr wegzudenken“, stellt der Chef Patissier Christian Hümbs aus dem zweifach besternten Hamburger Gourmettempel Haerlin klar.
Wie abgefahren moderne Patisserie sein kann, zeigt der innovative Kulinarik-Pionier in seiner Kreation des herbstlichen Walds. Dabei tischt der Kreativkopf Fichtennadel-Sorbet mit echtem Moos sowie knusprigen Blättern und kleinen Ästen auf.

Auf dem Teller wirkt sein Dessert dabei wie ein architektonisches Meisterwerk, das einen nicht nur visuell und geschmacklich direkt in einen grünen Wald katapultiert, sondern auch dank einer enorm komplexen Textur beim Beißen obendrauf sogar nach Wald klingt.

Wenn du Moos karamellisierst, schmeckt es plötzlich nach Fisch.
Patisserie-Pionier Christian Hümbs verkocht, was er in die Finger bekommt

Inspiration dafür holte sich der gebürtige Oberhausener – wo sonst – im Wald: „Ich bin tatsächlich mit einem Förster durch die Wälder spaziert und habe mir von ihm Produkte zeigen und erklären lassen.“
Aus Hölzern wie Lärche, Birke oder Sandel bereitet Hümbs verschiedene Früchtefonds: „Die Hölzer werden erhitzt und ich aromatisiere damit Fonds. Das setzt diese herrlichen Barrique-Aromen frei.
Wenn du beispielsweise Preiselbeeren mit Sandelholz aromatisierst, verschwindet die Bitterkeit der Frucht fast gänzlich und wird durch liebliches Holz-Aroma ersetzt.“
Besonders angetan zeigt sich der kulinarische Robin Hood auch von Waldmoos, das er von einem Produzenten aus Bremen bezieht. „Karamellisiert und getrocknet bekommt das Moos Algentöne – ein leicht fischiges Aroma, mit dem sich super arbeiten lässt.“

Mehr als ein Dessert

Wie vielschichtig die Patisserie von heute geworden ist, zeigt auch René Frank ein paar Kilometer weiter südlich in seiner Coda Dessert Bar in Berlin.
In mehrgängigen Dessert-Menüs setzt der ehemalige La-Vie-Chef-Patissier auch auf zuckerreduzierte und würzige Dessert-Kreationen. Für seinen Umami-Style-Cheescake ersetzt der 32-Jährige Frischkäse durch einen kräftigen, 18 Monate gereiften Rohmilch-Bergkäse, der halb gebacken serviert wird.

„So wie man das von einem flüssigen Schokoladencoulant kennt. Hergestellt wird die Masse mit Reismehl, was das Gericht auch noch nebenbei glutenfrei macht. Reismehl ist in diesem Fall einfach leichter und bekömmlicher als der übliche Hausfrauengips aka Weißmehl“, erklärt der Spitzenpatissier.

Es muss nicht immer nur der Hausfrauen-Gips sein.
Weißmehl, ade: René Frank schwört auf Reismehl

Als geeiste Komponente kommt entsaftetes frisches Sauerkraut als Granitee gefroren auf den Teller. Ein Hauch Süßholz mit gedörrtem Sauerkraut in Pulverform verleiht dem Gericht schließlich die nötige Komplexität.
Im Coda stehen neben kräftigem Käse auch Produkte wie Anchovis, Schweinehaut oder fermentierter Tofu hoch im Kurs, sie sorgen in René Franks vielschichtigen Dessertmenüs für die nötige Abwechslung und Dramaturgie.

Bean-to-Bar

Apropos Abwechslung: Bei all diesen für die Patisserie exotischen Produkten, Techniken und Geschmäcken könnte man sich an diesem Punkt langsam fragen, wie es eigentlich um die gute alte Schokolade steht.

Wer könnte das wohl besser beantworten als der belgische Shock-o-latier Dominique Persoone aus der Chocolate Line in Antwerpen. Industrieschokolade ist für ihn längst Schnee von gestern:
„Die Kakaobohnen werden dabei bei viel zu hohen Temperaturen geröstet und rauben dadurch dem Produkt wertvolle Aromen und seine Säure.“ Darum pflanzt der Pralinen-Gott mittlerweile seine eigenen, akribisch ausgesuchten Kakaobohnen auf einer Plantage in Mexiko.

Für den ungeduldigen Belgier eine jahrelange Tortur mit Happy End: „Der ganze Prozess vom Anpflanzen der Bohnen bis zur fertigen Schokolade dauert an die sechs Jahre.
Es ist aber die ganze Mühe wert. Der Geschmack ist einfach unvergleichlich.“ Der Trick dabei: Seine Bohnen röstet der Belgier wesentlich länger als im industriellen Prozess und das bei maximal 120 Grad Celsius.

Das Ergebnis ist Schokolade, die mit weinähnlicher Säure überrascht. Eine Überraschung, die auch bald in unseren Gefilden zum Trend werden könnte.
„In Amerika ist Bean-to-Bar bereits ein großer Hype, der auch bald uns erreichen wird“, ist sich Persoone sicher. Aber mal ganz ehrlich: Hypes hin oder her – Trends kommen und gehen.

Wirklich sicher ist nur eines: Solange umtriebige Tüftler wie Christian Hümbs, René Frank oder Dominque Persoone mit abgefahrenen Produkten und Techniken experimentieren und alles verarbeiten, was sie in ihre fähigen Finger bekommen, wird auch das nächste Zeitalter der Patisserie alles, aber bestimmt nicht abgedroschen.

Rezepte:

Hier geht’s zu Christian Hümbs herbstlichem Wald und René Franks Aprikose, Brombeere, Kalamata-Olive

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