Für immer Punk(s)

Von einem Querdenker mit ausgeprägter Schubladen-Phobie, der kulinarischen Randexistenzen im Wiener Punks eine echte Chance gibt.
Februar 9, 2016 | Text: Daniela Almer | Fotos: Monika Reiter, Anna Schwab/ReiseBüro 67

 Patrick Müller und Anna Schwab über ihr Wiener Lokal Punks

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Ein Freigeist wird man nicht, sondern ist man

Nach einem Gespräch mit Patrick Müller drängt sich der Gedanke auf, dass die Freiheitsliebe von William Wallace im Film „Braveheart“ ein Dreck gegen die des Silent Cook ist. Etikettierungen und Zuschreibungen sind Müller zuwider, da kann schon die Frage „Wo sind Sie geboren?“zum Spießrutenlauf werden. Ob er selbst ein Lokal aufmacht oder für andere arbeitet, ist für ihn irrelevant, und auf eine Richtung festlegen lassen will er sich schon gar nicht. Warum er beim Kochen nicht gern redet?

Patrick Müller und Anna Schwab über ihr Wiener Lokal Punks

Ein Freigeist wird man nicht, sondern ist man

Nach einem Gespräch mit Patrick Müller drängt sich der Gedanke auf, dass die Freiheitsliebe von William Wallace im Film „Braveheart“ ein Dreck gegen die des Silent Cook ist. Etikettierungen und Zuschreibungen sind Müller zuwider, da kann schon die Frage „Wo sind Sie geboren?“ zum Spießrutenlauf werden.

Ob er selbst ein Lokal aufmacht oder für andere arbeitet, ist für ihn irrelevant, und auf eine Richtung festlegen lassen will er sich schon gar nicht. Warum er beim Kochen nicht gern redet? Weil „Kochen ein Hand- und kein Mundwerk ist“, antwortet der 37-Jährige trocken.
Und gerade wenn man zu wissen glaubt, wie dieser Mann tickt, macht er einem wieder einen Strich durch die Rechnung.
Will man ihn als kochenden Punk abstempeln, dem Geld sowie bürgerliche Statussymbole unwichtig sind, outet er sich als Porschefan und jemand, der auch gerne mal in einem abgehobenen Sternetempel arbeiten möchte. Man findet einfach keine Schublade, in die Patrick Müller hineinpasst.

Und sein Werdegang hilft dabei auch nicht: Nach Schulabbruch und Gelegenheitsjobs hilft er als Punk mit Irokesenschnitt im Restaurant seiner Mutter als Koch aus, obwohl er zunächst null Ahnung von der Materie hat. Drei Wochen später kommen Tester von Gault Millau vorbei und er wird mit 19 einer der jüngsten Haubenköche Österreichs. Autodidaktisch bildet er sich mit Fotos aus Kochbüchern weiter, doch den klassischen Karriereweg eines Haubenkochs beschreitet er trotzdem nicht. Müller hat aber einen Weg gefunden, wie er seine vielseitigen beruflichen Interessen freiheitskonform umsetzen kann: Gemeinsam mit seiner Partnerin Anna Schwab gründete er 2014 ein Unternehmen mit dem klingenden Namen „Reisebüro“.

Hier kann man aber höchstens ein Ticket ins Abenteuerland buchen, denn das Reisebüro ist kein touristischer oder gastronomischer Betrieb im klassischen Sinn, sondern vielmehr eine Ideenwerkstatt. Egal ob Restaurant-Konzepte, Pop-ups, Caterings, Bücher oder Fotos – im Reisebüro werden Ideen realisiert, die unabhängig von der Wirkung auf potenzielle Kunden sind. Hier entstand auch das gastronomische Konzept des Lokals Punks.

Patrick Müller und Anna Schwab

Prosecco und nette kleine Speisen

Seit Mai 2015, als Müller gemeinsam mit Anna Schwab und René Steindachner das Punks im achten Wiener Bezirk eröffnete, läuft der Laden mehr als gut. Als Inspirationsquelle für das Lokal diente laut Müller unter anderem die schwarze Komödie „Eat the Rich“ (zu Deutsch: „Reichtum ist Geschmackssache“). Der Film handelt von einer Anarchistengruppe, die ein Luxusrestaurant überfällt und die anwesenden Gäste sprichwörtlich durch den Fleischwolf dreht. Dieses Menschenfleisch wird den noblen Gästen am nächsten Tag serviert. Aber keine Sorge, im Punks kommen keine pürierten Szeneschnösel auf den Teller, sondern der Name steht für „Prosecco und nette kleine Speisen“. Ursprünglich sollte das Restaurant ja „Punks Kitchen“ heißen, doch das stieß Müller sauer auf: Er wollte unter keinen Umständen an einem Ort arbeiten, auf dem Kittchen draufsteht.

Im Mini-Lokal, das mit Gastgarten gerade Platz für 30 Personen bietet, kredenzt Müller mit einem dreiköpfigen Team kulinarische Randexistenzen wie etwa Lammköpfe und -hoden, Kalbsfüße oder Radieschengrün. Wenn er zum Fleischhauer geht und Hühnermägen für das Restaurant bestellt, hört er schon mal: „Da wird sich der Hund aber freuen!“
Und obwohl er aufgrund seines Könnens auch Vorspeisen um 24 Euro an den Mann bringen könnte, hält er die Preise im Punks bewusst niedrig. Für 4,50 Euro pro Speise in Tapas-Größe hat man die Wahl aus fünf vegetarischen und fünf Fleischgerichten, die häufig wechseln. Fisch gibt es seltener, da Müller den nicht in der Qualität bringen kann, die er möchte. Kein Wunder, mit zwei Induktionsplatten und einem Kühlschrank ist jede Haushaltsküche besser ausgestattet als das Punks. Mit dem unkonventionellen und günstigen Angebot will man ein breites Publikum ansprechen. Und da Müller Produkte verwendet, die andere wegwerfen, ist auch sein Wareneinsatz überschaubar. Aber nicht nur deswegen liegt sein Fokus auf bio und saisonal, obwohl das wieder Etikettierungen sind, die ihn fast aggressiv machen. „Da steht überall saisonale Küche drauf und dann gibt es Tomaten im Winter“, entrüstet er sich über Gastronomen, die damit „ihr Publikum verarschen“.
Nachhaltigkeit ist für Müller eben ein Begriff, den er wörtlich nimmt, und er setzt auch nur auf Lieferanten, die ihrem Beruf mit Liebe nachgehen.

Pop Up Marokko

Pop-up in Marokko

Aber Müller wäre nicht Müller, wenn er geniale Möglichkeiten verstreichen ließe. So sperrte er im Oktober 2015 kurzerhand das Punks für zwei Wochen zu und veranstaltete mit Anna Schwab ein Pop-up in und um Marrakesch. Ohne Sponsoren und nur ausgerüstet mit einem Gaskocher, reisten die beiden vier Tage vor Beginn der Veranstaltungen nach Marokko, errichteten eine Basisstation vor Ort und aktivierten im Schnellverfahren ihre Kontakte vom Reisebüro.
An drei aufeinanderfolgenden Tagen pro Woche wurden dann verschiedene Locations von der einfachen Straßenküche bis hin zum gedeckten Tisch mit mehrgängigem Menü bespielt. Ob das eine einmalige Sache bleibt oder ob weitere Pop-ups folgen, wird sich zeigen.
Eines weiß man aber gewiss: Bei Patrick Müller ist nichts unmöglich.
www.punks.wien

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