Arbeiten in Kyoto

Ab ins Land des Sushi, der aufgehenden Sonne und der sonderbaren Sitten: Die ehemalige Kaiserstadt lockt mit Karrierechancen und Alltagskick!
Januar 19, 2016 | Text: Kathrin Löffel | Fotos: Shutterstock, Wolfgang Hummer

Typisches Bauwerk in Kyoto

Andere Länder, andere Sitten? Japan geht da noch ein Stück weiter

Verbeuge dich im 45-Grad-Winkel, komme fünf bis zehn Minuten zu früh, benutze kein Parfüm oder Aftershave, behandle eine Visitenkarte wie die kaiserliche Krone und entschuldige dich so oft wie möglich. Nein gibt es nicht. Ein Ja ist lange keine Zustimmung. Telefoniere nicht in der Straßenbahn. Und um Buddhas willen verhalte dich ruhig. Diejenigen, für die die Verhaltensregeln nach grausamer Zensur klingen, sollten sich einen Ausflug, geschweige denn einen Umzug, nach Japan noch einmal gründlichst überlegen. Für alle anderen gilt: Koffer packen und los! Aber bloß nicht das Gastgeschenk vergessen!
Das darf dann aber nicht zu teuer sein, um niemanden in Verlegenheit zu bringen, und auch nicht zu billig, das wäre unhöflich, und am besten lässt es sich auch noch gut teilen und trägt möglichst einen Markennamen. Alles klar? Dann los…

 

Andere Länder, andere Sitten – Japan geht da einen Schritt weiter

Verbeuge dich im 45-Grad-Winkel, komme fünf bis zehn Minuten zu früh, benutze kein Parfüm oder Aftershave, behandle eine Visitenkarte wie die kaiserliche Krone und entschuldige dich so oft wie möglich. Nein gibt es nicht. Ein Ja ist lange keine Zustimmung. Telefoniere nicht in der Straßenbahn. Und um Buddhas willen verhalte dich ruhig.

Diejenigen, für die die Verhaltensregeln nach grausamer Zensur klingen, sollten sich einen Ausflug, geschweige denn einen Umzug, nach Japan noch einmal gründlichst überlegen. Für alle anderen gilt: Koffer packen und los! Aber bloß nicht das Gastgeschenk vergessen! Das darf dann aber nicht zu teuer sein, um niemanden in Verlegenheit zu bringen, und auch nicht zu billig, das wäre unhöflich, und am besten lässt es sich auch noch gut teilen und trägt möglichst einen Markennamen. Alles klar? Dann los!

Auf mutige Europäer warten in Kyoto eine vielfältige Kultur, ein dörfliches Miteinander trotz der 1,5 Millionen Einwohner und höfliche Menschen der besonderen Art. Kyoto war mehr als 1000 Jahre lang der Sitz des kaiserlichen Hofes von Japan. Der Name der Stadt bedeutet aus dem Japanischen übersetzt „kaiserliche Residenz“. Und wenn sich die Kaiser bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts dort so wohlfühlten, wird es unsereins sicher ähnlich gehen.

Bis heute lockt Kyoto aufgrund seiner kulturellen Anziehungskraft mit Schreinen und Tempeln Millionen Touristen aus aller Welt an. Die Haupteinnahmequelle ist der Tourismus. Das macht sich auch in der Luxus-Hotellerie bemerkbar: Immer mehr Hotels erweitern ihr Portfolio in der Stadt, die einst dem Kyoto-Protokoll seinen Namen gab und 1997 Mittelpunkt der internationalen Klimakonferenz war. Geschichtsträchtiger ist keine andere Stadt Japans. Die Kulturstadt liegt auf der Haupt-insel des Inselstaates, der übrigens sage und schreibe 6852 Pazifikinseln umfasst. Im Zweiten Weltkrieg wurden durch die Bombardierung alle großen Städte Japans zerstört – bis auf Kyoto.

Aus Respekt vor 1600 Tempeln, 400 Shinto-Schreinen, Gärten und Palästen.  Aber auch die Küche Kyotos ist bis über die Inselgrenzen hinaus bekannt. Es ist zwar nicht die günstigste Region Japans – ein einfaches Essen startet bei 25 Euro, ein höherwertiges Menü gibt es ab 100 Euro –, aber die Lebensmittel sollen in und um Kyoto aufgrund ihrer kleineren Größe am besten schmecken. Dann gibt es beste Tofu-Gerichte und eingelegtes Gemüse aus der Region. Einfach und doch stil- und geschmackvoll – da freut sich jeder Tourist, Wahl-Japaner und Einheimische aufs Schmatzen und Schlürfen.

Typisches Bauwerk in Kyoto

Aber bloß nicht senkrecht rein in den Reis mit den Stäbchen, denn das erinnert an eine Beerdigung. Und natürlich immer die Schuhe ausziehen und niemandem die Fußsohlen zeigen. Ach ja, und Nase putzen bringt die zurückhaltenden Japaner auf die Teepalme. Die Teezeremonie ist übrigens nirgends auf der Insel so schön wie in Kyoto.

Was es sonst noch nirgends gibt? Die besonders höfliche Anrede – der Kyoto-Dialekt umfasst eigene Abstufungen des Keigo, der japanischen Höflichkeitssprache, die im gängigen Japanisch fehlen. Der Dialekt ist ein Ableger kaiserlicher Zeiten. Die Stadt, ihre Einwohner und ihre Sprache sind seit jeher etwas Besonderes. Interessant für Expats mag sicher die Tatsache sein, dass nicht jeder Japaner Englisch spricht. Ein Grund dafür ist, dass die Grenzen für Migranten erst vor ein paar Jahrzehnten geöffnet wurden. Das kann die Kommunikation zuweilen etwas schwierig gestalten.

Unwillkommen fühlt man sich dadurch aber nie. Denn die Japaner machen die Sprachbarriere durch ihre überschwängliche Hilfsbereitschaft und ihren enormen Einsatz wieder gut. Da freut man sich schon auf all die unbekannten – teilweise verrückten – Verhaltensregeln.

Der Expat weiß es noch besser: Anthony Smekens im Interview

Anthony Smekens

Sie leben seit zwei Jahren in Kyoto. Wie schätzen Sie den Arbeitsmarkt für Expats ein?
Anthony Smekens: Kyoto entwickelt sich. Die Luxus-Hotellerie-Branche ist zwar nicht groß, wächst aber stetig. Ich arbeite als Director of Rooms im Luxushotel Ritz-Carlton. Es gibt allerdings nicht sehr viele internationale Unternehmen. Neben der Tourismusbranche sind Sprachschulen eine gute Möglichkeit, um Jobs zu finden.

Wie kamen Sie dazu, nach Kyoto zu gehen?
Smekens: Ich kam vor zwei Jahren nach Kyoto, weil Ritz-Carlton das erste Luxus-Hotel in Kyoto eröffnete. Ich arbeite bereits seit neun Jahren in der Hotelkette – immer in unterschiedlichen Städten wie Barcelona und Hongkong. Zuvor studierte ich Tourismus in Brüssel und absolvierte an der Universität in Barcelona meinen Master in Hospitality.

Wie haben Sie sich auf Kyoto vorbereitet?
Smekens: Da Kyoto und Japan im Allgemeinen selbst für andere Asiaten ein sehr spezieller Ort ist, sollte man sich mit der Kultur und Mentalität auseinandersetzen. Es gibt viele Verhaltensregeln, auf die Japaner großen Wert legen.

Wie würden Sie die Arbeitsmoral der Einwohner Kyotos beschreiben?
Smekens: Japaner sind grundsätzlich sehr freundlich und diskret. Sie sind sehr vorsichtig und denken lange nach, bevor sie eine Entscheidung treffen oder ein Urteil fällen. Das soziale Image, aber auch die Meinung einer Gruppe ist ihnen sehr wichtig. Außerdem arbeiten sie viel, achten genau auf Details und möchten in ihren Aufgaben Perfektion anstreben. Diese Eigenschaften muss man als Expat verstehen, akzeptieren und respektieren, dann kann man tolle Ergebnisse mit seinen Teams oder als Führungsperson erreichen.

Welche Benefits erwarten Expats?
Smekens: Meistens bekommen Expats eine Unterkunft gestellt. Außerdem übernimmt der Arbeitgeber die gesetzliche Krankenkasse. Oftmals ist ein Flugticket pro Jahr in das Heimatland des Expats ein besonderes Gimmick des Unternehmens.

Von der Arbeit zur Freizeit: Was war Ihr erster Eindruck der Stadt?
Smekens: Die Organisation und das Sicherheitssystem bemerkt ein Ausländer schon im Flughafen. In der ersten Zeit scheint es schwer zu sein, sich an alle Richtlinien und Verhaltensweisen zu gewöhnen, geschweige denn sich daran zu halten. Aber nach einer kurzen Zeit fing ich an, nicht mehr bei Rot die Straße zu überqueren, nur über Zebrastreifen über die Straße zu gehen, nicht in öffentlichen Verkehrsmitteln zu telefonieren, mich immer zu entschuldigen, wenn ich in ein Taxi oder Büro komme, den kleinsten Müll in meinen Taschen zu sammeln, bis ich zu Hause alles kleinlichst sortiert entsorgen kann.

Was mögen Sie besonders an der Stadt?
Smekens: Eigentlich werde ich jeden Tag von Fakten über die Stadt überrascht, die mir zeigen, dass Kyoto ein besonderer Ort ist. Das Ambiente ist sehr dörflich und die Community ist sehr eng, obwohl rund 1,5 Millionen Menschen hier leben. Die Qualität des Essens, des Wassers, der Luft ist sehr gut. Die Lebensqualität insgesamt ebenso. Das liegt auch daran, dass die Stadt sehr sicher ist. Bei allen Expats, die hier leben, ist die Erfahrung die gleiche: Es gibt definitiv ein „vor“ und ein „nach Japan“.

Ist Ihnen in Ihrer Zeit in Kyoto etwas Ungewöhnliches passiert?
Smekens: In meiner ersten Zeit kannte ich mich noch nicht sehr gut mit der Mülltrennung aus. Ich warf alles in eine Tüte und schmiss es in die Container, die an der Straße standen. An einem Morgen machte ich es genauso, ging zur Arbeit – der Weg dauert keine vier Minuten – und war überrascht, dass mein Personalchef am Mitarbeitereingang mit einem strengen Gesicht auf mich wartete. Der Hausmeister meines Wohnhauses hatte zuvor – innerhalb der vier Minuten Fußweg – meinen Chef angerufen und höflich darum gebeten, mir doch eine profunde Einführung in Sachen Mülltrennung zu geben. Seither mache ich es ganz genau.
www.ritzcarlton.com

Der Job-Check

Karrierchance

Die Branche wächst:
Der Arbeitsmarkt in der Hotellerie und Gastronomie ist zwar überschaubar, aber anwachsend. Kyoto lebt vom Tourismus.

Arbeitswelt

Eifrig und akribisch:
Stehts höflich – manchmal vielleicht zu zurückhaltend mit einem Nein – arbeiten Japaner sehr genau und neigen zum Perfektionismus.

Leben

Sichere Kulturstadt:
Beeindruckt ist Smekens vom sicheren Gefühl und der Hilfsbereitschaft. Die Lebensqualität ist in Kyoto sehr hoch, aber auch teuer.

Kultur

Höflich und diskret:
Unterschiede sieht Smekens besonders in der Mentalität. Die Kultur des Landes wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus.

Facts & Wissenswertes

Währung Yen  1 Euro 128 Yen  1-Zimmer-Wohnung im Zentrum 460 Euro  ein Kilogramm Reis 6 Euro  0,5 Liter Bier 3,90 Euro  Monatsticket 70 Euro  Zeitzone Mitteleuropäische Zeit +8  Einwohner 1,47 Millionen  Amtssprache Japanisch  Religion Shintoismus & Buddhismus

Die besten Jobadressen

www.ritzcarlton.com 
www.kyotobrighton.com 
www.hyatt.jobs 
www.nikko-jalcity.com/domestic/kansai/kyoto 
www.kyoto-stay.jp 
www.granviakyoto.com 
www.starwoodhotels.com/westin/careers
www.blackrockcareers.com 

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