Internationale Karriere in Skandinavien

Vom flackernden Nordlicht zum Dauerbrenner. 4 Länder mit vielen Unterschieden und einer großen Gemeinsamkeit: dem Streben nach Erfolg. Mit etwas Geschick kommen Sie im hohen Norden noch viel höher hinauf.
November 13, 2015 | Fotos: Shutterstock, Noma, Leonardo/Hotel Liseberg Heden, Leonardo/Hotel Gothia Towers, Grand Hotel Stockholm, Hilton, beigestellt

Skandinavien, Hafen, Spiegelung der Lichter der Stadt in der Dämmerung
Es waren einmal 4 Länder, die durch Geschichte und Geografie zu einem großen Ganzen wurden. Ja, man kann hier durchaus widersprechen, denn eigentlich besteht Skandinavien aus mehr als Dänemark, Schweden, Norwegen und Finnland. Oder sind es doch nur Schweden und Norwegen?
Aus geografischer Sicht ist Skandinavien jene nordeuropäische Halbinsel, auf der Norwegen und Schweden liegen. In kultureller Hinsicht umfasst es auch Dänemark, und im weiteren Sinne wird oft auch Finnland wegen seiner geografischen, historischen und politischen Verwandtschaft dazugezählt. Was aber auch immer diese 4 Staaten zusammengehörig macht, sie zählen auf vielen Gebieten zu den absoluten Aufsteigern in Europa: touristisch, bezüglich des Designs und kulinarisch. So wurde beispielsweise das Noma in Kopenhagen vom renommierten Restaurant Magazine gerade zum drittbesten Restaurant der Welt gewählt. Damit liegt die dänische Hauptstadt mit 14 Michelin-Sternen jetzt vor Berlin, Rom oder Wien.Skandinavien galt schon vor Jahren als das heimliche Paradies für arbeitswillige Auswanderer, vor allem, weil die Bruttolöhne in diesen Staaten verlockend hoch sind. Köche etwa verdienen monatlich brutto im Schnitt Folgendes: 3150 Euro in Dänemark, 2840 Euro in Norwegen, 1950 Euro in Schweden und 1700 Euro in Finnland. Aber: In Skandinavien benachteiligen die extrem hohen Sozialabgaben, die relativ teuren Lebenserhaltungskosten und die – gerade in Finnland – sprachliche Hürde. Doch alles gemäß der skandinavischen Mentalität ruhig und der Reihe nach: Die Chancen auf dem skandinavischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, sind je nach Land recht gut, am besten jedoch in Norwegen, wo der zweitgrößte Arbeitgeber das Hotel- und Gaststättengewerbe ist. „Fachkräfte aus der Gastronomie werden gesucht, allerdings sollten diese Spezialkenntnisse mitbringen. Je besser die Norwegischkenntnisse, desto höher die Wahrscheinlichkeit, genommen zu werden“, erzählt Anne Live Nævdal, EURES-Beraterin in Bergen. Schweden und Dänemark liegen beim Arbeitsangebot hinter Norwegen gleich auf. Luise Bach-Nielsen, EURES-Beraterin für Dänemark, meint dazu: „Früher war der Arbeitsmarkt sehr ausgeglichen, doch jetzt gibt es wenig heimische Nachwuchskräfte. In einigen Bereichen werden dringend Leute gesucht, zum Beispeil Köche. Allerdings halten wir Ausschau nach Spezialisten und nicht nach jungen Absolventen.“

Viele Jungköche wollen bei mir arbeiten. Sehr gerne, allerdings nur wenn sie schon ein Spezialgebiet haben.

Rene Redzepi
Sternekoch Noma

Finnland bekommt neben den niedrigen Löhnen ein weiteres Mal die rote Laterne, ist es doch auch das Land mit der höchsten Arbeitslosenrate (7,6 Prozent im Februar 2009) unter den skandinavischen Ländern. Aber die Tendenz könnte sich ändern, da das finnische Ministerium für Arbeit schätzt, dass in den nächsten Jahren in vielen Wirtschaftszweigen heimische Fachkräfte fehlen werden.In Skandinavien ist man bedacht darauf, möglichst viele Positionen mit heimischen Mitarbeitern zu besetzen, daher ist eine Spezialisierung auf einem Gebiet eigentlich ein unbedingtes Muss, falls man dort arbeiten will. Vor allem ein fixer Job in den boomenden Hauptstädten ist nur unter diesen Voraussetzungen zu bekommen. Aber Stockholm, Kopenhagen, Oslo und Helsinki gelten nicht nur als en vogue, sondern auch als die teuersten Städte Europas. In Norwegens Hauptstadt liegen die Lebenserhaltungskosten um fast die Hälfte über denen von Frankfurt oder Berlin. Daher auch die hohen Bruttogehälter, die durch die hohen Steuern (in Dänemark bis zu 64 Prozent) netto etwa gleich hoch sind wie in Deutschland. Rene Redzepi, Sternekoch NomaDie eigentliche Hürde ist die jeweilige Landessprache. Denn Einreise- und Arbeitsbewilligung sind in Zeiten der EU-Mitgliedschaft kein besonderes Thema. Norwegen ist Teil des Europäischen Wirtschaftsraumes, und daher brauchen EU-Bürger keine gesonderte Arbeitserlaubnis. Der Haken an den Sprachkenntnissen: „Englisch ist gut, Deutsch ein Bonus. Aber nicht einmal bei Jobs, in denen der Kontakt mit Gästen miminal ist, wird man ohne gute Kenntnisse der Landessprache eingestellt“, weiß der Deutsche Claus Steiner, der seit 3 Jahren das Hilton Copenhagen Airport Hotel führt. Daher sein Rat: Ein Sprachkurs vorab und ein weiterführender im gewünschten Land werden bei Bewerbungen wohlwollend gesehen. Apropos Bewerbungen: Nur rund die Hälfte aller Jobs wird wirklich ausgeschrieben, da viele Initiativbewerbungen, die gerne kreativer ausfallen dürfen, bei aktuellen Jobangeboten herangezogen werden. Der zweite Grund ist, dass im hohen Norden Networking an der Tagesordnung steht. Zusammenfassend scheint es also so, dass es ohne ein Jobangebot schwer sein könnte, etwas Adäquates zu finden. Ist dies aber gelungen, sollte man sich mit den Gepflogenheiten des Arbeitsalltages auseinandersetzen. Diese weichen nämlich stark von unseren ab. Generell gilt: Man geht lockerer miteinander um, aber dafür umso höflicher.Sich bei allem und jeden zu bedanken, wird großgeschrieben, und sei es nur für den Kaffee. Und wichtig: Erscheine pünktlich und verlasse die Arbeit auch zeitgerecht. Denn nach 19 Uhr wären Sie dann sowieso alleine im Büro. Schließlich ist in Skandinavien nicht das ganze Leben Arbeit, sondern nur das halbe. Daher: Effizienz zwischen 9 und 19 Uhr und Entspannung danach!

Der Karrierecheck

Arbeitsumfeld

In Skandinavien ist das Arbeitsklima entspannt und harmonisch, es wird zumeist geduzt, und man spricht sich mit Vornamen an. Höflichkeit und Pünktlichkeit sind ein Muss.

Jobangebot

Steigend. Für deutschsprachige Expats ist es wichtig, sich vorab auf einen bestimmten Bereich spezialisiert zu haben. Wichtig sind soziale Kontake, und sollte man bereits bei einer internationalen Kette arbeiten, ist es relativ einfach, sich versetzen zu lassen.

Karrierechancen

Durch die Nachfrage nach Spezialisten steigt man in Skandinavien auf einem höheren Arbeitslevel ein. Das Tempo des Aufstiegs ist dem im deutschsprachigen Raum ähnlich.

Benefits

Außertourlich gibt es keine. Bis auf Finnland ist das soziale System (finanziert durch hohe Abgaben) aber sehr gut. Urlaubsgeld ist die Ausnahme.

Freizeitfaktor

Abhängig vom Land sind es zwischen 25 Tage Urlaub in Schweden und Norwegen, bis zu 30 Tage in Dänemark. Die Wochenarbeitsstunden liegen zwischen 36 und 40.

Die besten Jobadressen

Internationale Hotelketten
www.scandichotels.com
www.hilton.com
www.radissonsas.com
www.starwoodhotels.com
www.ichotelsgroup.com
www.marriott.com
www.choicehotels.no
Adressen für Arbeitssuchende
Arbejdsformidlingen, Dänemark
www.af.dk
Arbetsformedlingen, Schweden
www.amv.se
Arbeids- og velferdsetaten, Norwegen
www.nav.no
Työ- ja elinkeinoministeriö, Finnland
www.mol.fi

Claus Steiner, General manager, Hilton Copenhagen Airport Hotel

Claus Steiner

Der gebürtige Deutsche arbeitet seit 1. Oktober 2007 in Dänemark und ist in seiner Position für 382 Zimmer, 29 Konferenzräume, 2 Businesscenter, 2 Bars sowie 150 Team-Mitglieder verantwortlich. 1990 startete er seine Karriere bei Hilton München als Restaurant Auditor und wurde 2000 zum Director of Operations im Hilton Frankfurt berufen. 2004 schließlich eröffnete er das Hilton Vienna als Hotel Manager, das größte Kongresshotel Österreichs. In Kopenhagen ist er heute zudem aktives Mitglied im „Advisory Board of Expat in Denmark“.

„Prioritäten werden in Dänemark anders gesetzt“

ROLLING PIN: Skandinavien gilt als der Aufsteiger in der kulinarischen Branche, wird daher vermehrt nach Expats gesucht?

Claus Steiner: Nicht nur im kulinarischen Bereich steigt das Interesse an Skandinavien. Generell wird der Norden Europas immer wichtiger. Doch das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass nun viele Expats ins Land geholt werden. Denn in Skandinavien versucht man, möglichst viele Inländer zu beschäftigen und so die Arbeitslosenzahl geringzuhalten. Skandinavier sind sehr an ihr Land gebunden und umgekehrt auch.

RP: Somit stehen die Karrierechancen schlecht?

Steiner: Nein, so pauschal kann man das nicht sagen. Denn genau hier liegt auch die Möglichkeit für Expats, sich einzuklinken. Ich kann nur für Dänemark sprechen, aber hier haben die Wenigsten Auslandserfahrungen. Ein Manko, das vor allem im Hotelbereich stärker zum Tragen kommt. Kann man Auslandserfahrung vorweisen, hat man automatisch bessere Karten.

RP: Welche Qualifikationen sollte man sonst haben?

Steiner: In Dänemark gibt es keine ausgewiesenen Tourismusfachschulen. Hier gilt „Learning by doing“, und Weiterbildungen, die im Übrigen vom Staat und Arbeitgeber gefördert und forciert werden, sind an der Tagesordnung. Daher ist ein guter Abschluss ebenfalls ein Kriterium für ein Jobangebot. Das Wichtigste aber ist, und das ist in allen skandinavischen Ländern gleich, dass man die Landessprache beherrschen muss. Denn Englisch ist heutzutage sowieso Standard, und mit der Muttersprache Deutsch punktet der Kandidat ebenso, allein schon durch die geografische Nähe.

RP: Gibt es dadurch auch Ähnlichkeiten in der Mentalität und Lebensweise?

Steiner: Durch die Globalisierung gibt es diese durchaus, aber vor allem die Unterschiede fallen auf: Die Arbeitszeiten und -bedingungen klaffen stark auseinander, und die Familie hat den gleichen Stellenwert wie die Arbeit. Nach 18 Uhr findet kein Meeting mehr statt, da die Kinder abgeholt werden müssen und der Abend der Familie gehört. Das bedeutet aber nicht, dass weniger effizient gearbeitet wird, nur eben anders. Die 37-Stunden-Woche ist fix und wird zudem von der Gewerkschaft kontrolliert. Außerdem gibt es hier keine Hierarchie. Jede Arbeit wird als bedeutend und gleich wichtig angesehen. Wer sich des Weiteren eines diktatorischen Managerstils bedient, wird eher als schwache denn als starke Führungspersönlichkeit gesehen. Man überzeugt mit Logik und stringenten Argumenten, auf den Tisch hauen bringt nichts.

RP: Bedeutet das dann auch bessere soziale Strukturen?

Steiner: Wiederum kann ich nur für Dänemark sprechen. Aber hier stimmt es auf jeden Fall, es wird vom Staat von der Kindererziehung bis zur beruflichen Weiterbildung alles subventioniert. Daher sind die Sozialabgaben höher. Das wird durch das höhere Bruttoeinkommen aber aufgefangen. Unter dem Strich bleibt in etwa soviel wie im deutschsprachigen Raum, nur mit einem größeren sozialen Polster.

RP: Konkret heißt das?

Steiner: Bei Positionen wie Service oder Küche wird nach lokalen Verträgen ausbezahlt, hier kommt also der Arbeitnehmer auf etwa 3500 Euro brutto. In internationalen Hotelketten wird bei höheren Managementpositionen nach dem hoteleigenen und daher nach grenzübergreifenden Verträgen ausbezahlt.

Kontakt

Hilton Copenhagen Airport
Ellehammersvej 20
DK-2770 Kastrup
Telefon: +45 (0) 32 50 15 01
claus.steiner@hilton.com
www.hilton.de/copenhagen

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