Pfirsich Melba und Espuma

Die unerträgliche Abhängigkeit von Kaiserschmarren. Alexander Tschebull stillt diese Sucht der Hamburger im Restaurant Allegria. Mit Klassik in anderen Sphären – und Espumas.
November 13, 2015

Alexander Tschebul vor einem Gemälde Nein, den Hamburgern kann man nichts vormachen. Sie kennen ihr Wiener Schnitzel, zählen ganz genau, wie viele Wellen die Panier hat und ob das Fleisch wohl ordentlich souffliert ist. Schließlich haben die Flachlandindianer den ältesten Alpenverein Deutschlands und Hamburg ist das einzige Bundesland mit Skiferien. Und wo lässt man den Skiern ihren Auslauf? Im Schneemekka und Wiener-Schnitzel-Land. „Die Hamburger kennen sich wirklich aus, man braucht ihnen nichts über Schnitzel und Schmarren zu erzählen. Schließlich haben sie es oft genug in Österreich studiert“, sagt Alexander Tschebull, Chef des Allegria. Das Sternelokal auf Schnitzel & Co. zu reduzieren, wäre allerdings Schnee von gestern. Die Kritiker sprechen von schnörkelloser Leichtigkeit, wenn sie das Allegria beschreiben, von mediterranem Flair und ausgereifter französischer Klassik. Tschebull selbst nennt das austromediterran.
Ein freundlicher Mensch ist Alexander Tschebull, wie man sich einen Kärntner vom Wörthersee landläufig eben vorstellt, in der Küche ändert er allerdings schnell seine Darstellung. Zack, zack und Gas geben! Schließlich ist das Restaurant gleich neben einem Theater, zwar der „Komödie“, aber bei Bedarf hat Alexander Tschebull auch ein Drama drauf. Das Geschäft ist eben nicht immer nur sonnig wie goldgelber Schmarren. Er hat schon viel gesehen…

Alexander Tschebul vor einem Gemälde Nein, den Hamburgern kann man nichts vormachen. Sie kennen ihr Wiener Schnitzel, zählen ganz genau, wie viele Wellen die Panier hat und ob das Fleisch wohl ordentlich souffliert ist. Schließlich haben die Flachlandindianer den ältesten Alpenverein Deutschlands und Hamburg ist das einzige Bundesland mit Skiferien. Und wo lässt man den Skiern ihren Auslauf? Im Schneemekka und Wiener-Schnitzel-Land. „Die Hamburger kennen sich wirklich aus, man braucht ihnen nichts über Schnitzel und Schmarren zu erzählen. Schließlich haben sie es oft genug in Österreich studiert“, sagt Alexander Tschebull, Chef des Allegria. Das Sternelokal auf Schnitzel & Co. zu reduzieren, wäre allerdings Schnee von gestern. Die Kritiker sprechen von schnörkelloser Leichtigkeit, wenn sie das Allegria beschreiben, von mediterranem Flair und ausgereifter französischer Klassik. Tschebull selbst nennt das austromediterran.
Ein freundlicher Mensch ist Alexander Tschebull, wie man sich einen Kärntner vom Wörthersee landläufig eben vorstellt, in der Küche ändert er allerdings schnell seine Darstellung. Zack, zack und Gas geben! Schließlich ist das Restaurant gleich neben einem Theater, zwar der „Komödie“, aber bei Bedarf hat Alexander Tschebull auch ein Drama drauf. Das Geschäft ist eben nicht immer nur sonnig wie goldgelber Schmarren. Er hat schon viel gesehen. Ewald Plachutta, Josef Viehhauser und Jörg Müller hat er auf seiner Liste, keine leichten Stationen. Vor allem Viehhauser ist im Gedächtnis. Der impulsive Kochdiktator machte Alexander Tschebull eine dreiviertel Stunde lang zur Schnecke, weil er es gewagt hatte, einen Dillzweig auf die geeiste Gurkensuppe zu legen. „Aber nur harte Lehrherren sind auch gute“, meint er nüchtern. Wenn er mit einem seiner zwei kleinen Söhne (1 und 3 Jahre alt) für unsere Kamera posiert, wird er allerdings butterweich. Da täuscht auch die harte Motorradjacke nicht darüber hinweg.
Seine Wurzeln hat Alexander Tschebull in einer Gastronomenfamilie, der Urgroßvater baute am Wörthersee zwei Hotels auf. „Die gibt es zwar nicht mehr, aber für mich war es wahnsinnig spannend, den Köchen zuzuschauen.“ Damals verließ man sich noch auf Handarbeit. Allein für den Eiskaffee waren drei Leute zuständig, die den ganzen Tag nichts anderes taten, als Eis zu spachteln. Alexander Tschebull schlich sich als Kind oft zu den riesigen Eismaschinen und stibitzte mit dem Finger Gefrorenes heraus. „Das sind Eindrücke, die geblieben sind und mich dazu gebracht haben, meinen Beruf zu ergreifen.“ Gefallen hat ihm vor allem, wie der Küchenchef die Kommandos gab. „Das war echt gut“, sagt er und zwinkert mit den Augen.

Alexander Tschebul auf einer langen Tafel sitzend mit seinem Team Schon mit 5 Jahren stellte er sich auf einen Schemel und patzte ein bisschen am Herd herum, in der Schulzeit half er seiner Mutter am Nachmittag in der Küche aus und an eine Kochsendung im Fernsehen erinnert sich Alexander Tschebull auch. „Da war ein ganzer dicker Koch. Wir haben seine Rezepte abgeschrieben und nachher Kochsendung gespielt.“
Am meisten geprägt hat ihn Jörg Müller. Von ihm sog Alexander Tschebull die Liebe auf, klassische Gerichte in neuem Licht zu präsentieren. „Ich bin nicht einer, der nur des Änderns wegen alles anders machen muss. Ich schwöre auf klassische ­Kombinationen.“ Aber wenn schon Pfirsich Melba, dann gleich g’scheit. Statt der Dosenpfirsiche frische Früchte mit Mandelkaramell und bei Vanilleeis mit Himbeeren serviert Alexander Tschebull Eis mit echter Tahitivanille und Champagnersüppchen mit echten Himbeeren. An Molekularküche glaubt er nicht, „damit erzählt man nur kulinarische Witze“. Espumas, Sphären und warme Gelees integriert er aber doch. Saibling serviert er mit Kopfsalatespuma oder als Tatar mit karamellisiertem Kopfsalat. Wiener Schnitzel, Kaiserschmarren und Salzburger Nockerln haben sich auf die Speisekarte geschlichen, weil die Gäste pro Abend 5, 6 Schmarren à la minute bestellten. „Der Spagat ist oft schwierig. Der Kegelklub will Roastbeef mit Bratkartoffeln, daneben sitzt jemand, der ein Sternemenü isst.“ Viele Schauspieler schätzen den Mix. Bastian Pastewka, Katja Riemann, Jürgen Prochnow, Walter Plathe, Johannes Heesters und Uwe Ochsenknecht gaben schon ein Gastspiel. Meistens ohne Sonderwünsche. „Die Charakter, die sie spielen, leben sie auch beim Essen aus. Walter Plathe eher einfach, Werner Schneyder opulenter.“ Warum Kochen wieder modern ist? „Weil Essen so wie die Liebe immer eine Rolle spielt. Und in unserer anonymen Welt bringt das gemeinsame Kochen zu Hause wieder Nestwärme.“ Bis zum 31. März 2009 sieht Alexander Tschebull sein Zuhause noch im Allegria. „Aber ich bin ein Schütze, der im Keller immer die Koffer gepackt hat.“ Eine neue Herausforderung wartet nächstes Jahr. „In Hamburg bleibe ich, wo genau verrate ich noch nicht.“

Alexander Tschebul mit seinem Kind auf dem Arm im wort

Schlechtes Essen
Ein Stimmungstöter. Schweinshaxe mit künstlicher Brühe, da ist der Tag dann für mich gelaufen.

Die größte Angst
Dass meinen Kindern etwas passiert.

Welche Gabe hätten Sie gerne?
Singen zu können. Derzeit singe ich nur, wenn ich allein Auto fahre.

Ihr liebster Besitz
Mein Motorrad – eine MV Agusta mit 1000 ccm.

Hamburg
Herrlich. Man lebt in einer Großstadt, füht sich aber nicht wie in einer Großstadt, die vielen Parks vermitteln ein Gefühl wie auf dem Land.

Eine Schwäche, die Sie verzeihen?
Fast alle, nur nicht, wenn jemand unehrlich ist oder unverschämt. Drängt sich einer vor, kann ich ziemlich böse werden.

Eine Sünde
Ich leiste mir kleine Sünden. Die Mehlspeisen, davon komme ich nicht weg, ich bin Österreicher. Und ich kaufe manchmal schöne Dinge, die ich mir nicht leisten kann – schönes Geschirr oder ein unnützes Teil für das Motorrad.

Tatartörtchen auf Kartoffelrösti
mit Kerbelcoulis, kleinem Kräutersalat und Kärntner Saiblingskaviar

Rezept für 4 Personen:

Tatartörtchen auf Kartoffelrösti mit Kerbelcoulis, kleinem Kräutersalat und Kärntner Saiblingskaviar300 g Rinderfilet, sorgfältig pariert
1 Schalotte
20 Kapern, fein gehackt
1 TL Petersilie, frisch gehackt
2 Eigelb
1 Msp. Senf
1 Msp. Ketchup
1 TL Walnussöl
Salz, Pfeffer, Rosenpaprika
200 g Kärntner Saiblingskaviar
von Sicher

Créme-fraîche-Mousse
1½ Blatt Gelatine
150 g Sauerrahm
100 g Crème fraîche
Salz, Cayennepfeffer, Zitronensaft,
1 Prise Zucker
50 g Sahne

Gelatine im kalten Wasser einweichen. Saure Sahne und Crème fraîche verrühren. Etwas davon abnehmen, erwärmen und Gelatine darin auflösen. Die Masse abschmecken und die Gelatine unterrühren. Sahne halb aufschlagen und unterziehen. Die Masse
1 cm hoch in Ringe füllen und 3 Stunden anziehen lassen.

Kartoffelrösti
500 g festkochende Kartoffeln
Salz, frisch gemahlener Pfeffer,
frisch geriebener Muskat,
Öl zum Braten

Kartoffeln waschen, schälen und in feine Julienne schneiden. Mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken und kurz weich werden lassen. Die Masse mit den entsprechenden Ringen zu kleinen und nicht zu dicken Röstis formen. Zum Schluss in einer Eisenpfanne goldbraun und knusprig braten. Auf Küchenkrepp abtropfen lassen.

Kerbelcoulis
1 Bund Kerbel
100 g Joghurt
100 g saure Sahne
1 Spritzer Zitronensaft
Salz, Cayennepfeffer

Kerbel zupfen und mit Joghurt fein mixen und passieren. Saure Sahne beigeben und abschmecken.

So wird’s gemacht
Fein geschnittenes Rinderfilet mit den Zutaten verrühren und zu einem würzigen Tatar abschmecken. Das Tatar
3 cm hoch in Ringe füllen, die vorher 1 cm hoch mit Crème-fraîche-Mousse gefüllt wurden. Die so entstandenen Törtchen auf knusprige Rösti setzen, die mit demselben Ring vorher ausgestochen wurden. Achtung! Die Rösti dürfen nicht mehr heiß sein, sonst zerläuft die Mousse, aber sie dürfen auch nicht kalt sein, sonst schmeckt das Gericht nicht. Die fertigen Törtchen in einen tiefen Teller geben und mit Kerbelcoulis und Kärntner Saiblingskaviar garnieren. Zum Schluss mit Kräutersalat toppen.

kontakt

Allegria
Hudtwalkerstraße 13
22299 Hamburg
Tel.: +49 (0) 40/46 07 28
www.allegria-restaurant.de

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