RAUE PHILOSOPHIE

Wer hungrig ist, lässt sich nicht von seinem Plan abbringen. Und Tim Raue ist noch lange nicht satt. Was Currywurst mit Freiheit zu tun hat und warum für den Berliner nur seine Meinung zählt.
November 13, 2015

Fotos: Andrea Thode, Wolfgang Stahr
Tim Raue

Vom Gangkind zum Gourmetkoch

Der Weg nach oben führte über asiatische Suppenküchen.

Tim Raue, geboren am 31. März 1974, war bestimmt kein einfaches Kind. Aber warum sollte er anders sein als seine Umgebung? Nach diversen Umzügen hin zu seinem Vater, seiner Mutter und seinen Großeltern wurde Tim Raue nicht leichter im Handling. 1991 begann er seine Ausbildung zum Koch im Restaurant „Calet Suisse“ und im Restaurant „Auerbach“. 1993 die emotionale Trendwende: Raue lernte sein jetzige Frau Marie-Anne kennen, wird ruhiger und ehrgeizig. 2000 erhielt er die Auszeichnung „Berliner Meisterkoch“. 2003 entdeckte er in Hongkong die Exotenküche für sich und gilt seither als die Benchmark der asiatischen Küche in Deutschland. 2006 folgt sein erster Michelin-Stern im „Restaurant 44“. 2007 wurde er „Koch des Jahres“ im Gault Millau. 2008 eröffnet er als kulinarischer Direktor den Komplex „ma“ der Adlon Holding. Seit September 2010 ist er mit dem „Restaurant Tim Raue“ selbstständig.

Ein Kolibri ist nicht das Wappentier, das sich der typische gestandene Berliner Wrangelkiez-Junge auf sein Hoody nähen würde. Aber wenn man es genau nimmt, erwartet man von einem ehemaligen Gangmitglied der „36Boys“ auch nicht, dass die Berliner Promiszene ihn beim Vornamen kennt, er von thailändischen Lilien schwärmt und unter die Literaten gehen würde. Doch das alles ist Tim Raue, Berliner Sternekoch und die Benchmark in Sachen asiatischer Küche, der sich wenig darum kümmert, was andere über ihn denken. Hat er nie und fängt mit seinen 37 Jahren auch nicht mehr damit an. Und deswegen der Kolibri, denn der steht für Kreativität, Einzigartigkeit und Freiheit.

Womit er aber letztes Jahr begonnen hat, ist, noch ein Stückchen mehr Tim Raue zu werden. Das Ergebnis ist das „Restaurant Tim Raue“ in der Rudi-Dutschke-Straße in Berlin Kreuzberg und eine Art Biografie mit dem für Europa doch sehr prekären Titel: „Ich weiß, was Hunger ist. Von der Straßengang in die Sterneküche.“

„Die Erwartung hat sich nicht erfüllt. Zum Glück, denn ich bin Pessimist.“

„Mit dem Buch…

Fotos: Andrea Thode, Wolfgang Stahr
Tim Raue

Vom Gangkind zum Gourmetkoch
Der Weg nach oben führte über asiatische Suppenküchen.

Tim Raue, geboren am 31. März 1974, war bestimmt kein einfaches Kind. Aber warum sollte er anders sein als seine Umgebung? Nach diversen Umzügen hin zu seinem Vater, seiner Mutter und seinen Großeltern wurde Tim Raue nicht leichter im Handling. 1991 begann er seine Ausbildung zum Koch im Restaurant „Calet Suisse“ und im Restaurant „Auerbach“. 1993 die emotionale Trendwende: Raue lernte sein jetzige Frau Marie-Anne kennen, wird ruhiger und ehrgeizig. 2000 erhielt er die Auszeichnung „Berliner Meisterkoch“. 2003 entdeckte er in Hongkong die Exotenküche für sich und gilt seither als die Benchmark der asiatischen Küche in Deutschland. 2006 folgt sein erster Michelin-Stern im „Restaurant 44“. 2007 wurde er „Koch des Jahres“ im Gault Millau. 2008 eröffnet er als kulinarischer Direktor den Komplex „ma“ der Adlon Holding. Seit September 2010 ist er mit dem „Restaurant Tim Raue“ selbstständig.

Ein Kolibri ist nicht das Wappentier, das sich der typische gestandene Berliner Wrangelkiez-Junge auf sein Hoody nähen würde. Aber wenn man es genau nimmt, erwartet man von einem ehemaligen Gangmitglied der „36Boys“ auch nicht, dass die Berliner Promiszene ihn beim Vornamen kennt, er von thailändischen Lilien schwärmt und unter die Literaten gehen würde. Doch das alles ist Tim Raue, Berliner Sternekoch und die Benchmark in Sachen asiatischer Küche, der sich wenig darum kümmert, was andere über ihn denken. Hat er nie und fängt mit seinen 37 Jahren auch nicht mehr damit an. Und deswegen der Kolibri, denn der steht für Kreativität, Einzigartigkeit und Freiheit.

Womit er aber letztes Jahr begonnen hat, ist, noch ein Stückchen mehr Tim Raue zu werden. Das Ergebnis ist das „Restaurant Tim Raue“ in der Rudi-Dutschke-Straße in Berlin Kreuzberg und eine Art Biografie mit dem für Europa doch sehr prekären Titel: „Ich weiß, was Hunger ist. Von der Straßengang in die Sterneküche.“

„Die Erwartung hat sich nicht erfüllt. Zum Glück, denn ich bin Pessimist.“

„Mit dem Buch setze ich einen Schlussstrich unter einige Sachen in meinem Leben. Die Probleme in meiner Jugend kamen immer wieder zur Sprache. Jetzt kann jeder nachlesen, wenn er was darüber wissen will. Vielleicht kapieren dann alle, dass ich fließend in Deutsch kommunizieren kann und niemandem eine in die Fresse haue“, meint Raue, denn: „Die größte Gefahr ist nach wie vor mein Mundwerk.“

So fein seine literarischen Ausschweifungen auch sein mögen, ungleich stolz ist Raue auf den Schritt in die Selbstständigkeit, den er mit seiner Frau Marie-Anne letzten Sommer gewagt hat und binnen fünf Monaten ein Restaurant aus dem Boden gestampft hat, das auch gleich mit einem Michelin-Stern geadelt wurde und bei dem es sofort Reservierungslisten gab. „Meine Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Zum Glück, denn ich bin Pessimist. Die genauen Zahlen kenne ich nicht. Das tangiert mich auch nicht, ich denke, wir sind sehr gut ausgelastet.

Tim Raue

Aber ich bin froh, wenn ich ein, zwei Tische frei habe, denn so sperrst du keine Leute aus, die sich kurzfristig zu einem Besuch entschlossen haben. Immer sagen zu müssen, dass wir voll sind, vergrault die Gäste.“ Doch ist mit der Selbstständigkeit auch die finanzielle Sicherheit durch einen Konzern, wie die Adlon Holding, bei der Raue zuvor angestellt war, weg. „Deswegen muss ich auch jeden Tag besser werden und nicht am Gast vorbeikochen. Ich koche daher entweder sehr gut oder mindestens gut. Das ist die größte Schwankung, die ich mir erlaube. Pure Avantgarde funktioniert konzeptuell nicht.“ Das bedeutet aber nicht, dass sich Raue den aktuellen Trends unterwirft. „Ich verwehre mich gegen ein für Großstädte typisches 3-Jahres-Konzept-Restaurant. Ich orientiere mich an der Langfristigkeit. In meinen Menüs finden sich Geschmackswiederholungen ebenso wie immer wieder neue Kombinationen mit ungewöhnlichen Produkten.“ Das neueste Beispiel: die Daily Lilies aus Thailand. „Ich habe einige davon im Winter bekommen und war so begeistert, dass ich sie für mich anbauen ließ. Jetzt serviere ich sie in Kombination mit Spargel.“

„Grenzen sind etwas furchtbares. ich hüte mich vor einer zu genauen Vorstellung.“

Bereits sein Küchenstil, in Selbstbeschreibung lautend wie folgt: „asiatisch inspirierte Küche, die als Verbindung der japanischen Produktperfektion, der thailändischen Aromatik und der chinesischen Küchenphilosophie charakterisiert werden kann“, spricht dafür, dass Regionalität nicht unbedingt Raues Ding ist. „30 Prozent meiner Ware kommen nicht aus Deutschland. Ich finde Grenzen sind etwas Furchtbares, ich will mich nicht einschränken lassen. Weder von einer vorgegebenen Kochrichtung noch von irgendjemandem und schon gar nicht von einem mir selbst auferlegten Dogma.“

Eines der wenigen Dinge, an die Raue aus der Vergangenheit festhält, ist im Gegensatz zu einer hochstilisierten Gourmetküche eine scheinbar profane Angelegenheit: die Currywurst. „Wenn ich mich als Kind belohnen wollte, kaufte ich mir Currywurst mit Pommes. Es ist heute nicht mehr der Geschmack, der mich reizt, sondern das Gefühl.“ Und wenn das ein Kolibri auch kann, dann ist es eben so.

Restaurant Tim Raue
Rudi-Dutschke-Straße 26
D-10969 Berlin
Tel.: +49 (0) 30/25 93 79 30
office@tim-raue.com

www.tim-raue.com

Hamachi Ling Zi mit Jadesauce

Zutaten:
Für 4 Personen:

4 Stk. Hamachi-Kragen (chinesisch: Ling Zi. Da das Gericht aromatisch in diese Richtung geht, haben wir ihn chinesisch benannt)

Jadesauce

200 ml sehr kräftiger Hühnerfond

1 TL geräuchertes spanisches Paprikapulver

2 EL Nuc Nam Fischsauce

2 EL Blutorangenpüree

2 EL Tamarindenpaste

Hamachi Ling Zi mit Jadesauce

Zubereitung:

Die Hamachi-Kragen mit etwas Pflanzenöl einfetten und im Dampf 5 Minuten garen, im Anschluss bei 70 Grad, 25 MInuten im Hold-o-Mat ziehen lassen. Die äußere Haut vorsichtig entfernen, salzen und servieren.

Für die Jadesauce alle Zutaten aufkochen und mit etwas Maizena binden.

Für die Koriandercreme frischen koriander kurz blanchieren und pacossieren. Jeweils im Verhältnis 1:1 mit Seidentofucreme mixen und in eine Spritzflasche geben.

Für das eingelegte Gemüse Fingermöhren in einem Sud aus Gegenbauer Tomatenessig, Sternanis und roter Chili einlegen. Gelben Rettich in Zitronenessig und Zitronenblättern einlegen, die Aprikose in einem Sud aus Aprikosensaft, Gegenbauer PX Essig und Ginger-beer einlegen.

Für die Röstzwiebel-macadamia junge Schalotten schälen, in Scheiben schneiden, mehlieren und frittieren. Zusammen mit gerösteten Macadamianüssen im Verhältnis 1:1 hacken. Mit Muskatblüte abschmecken und warm stellen.

So wie auf dem Bild anrichten und servieren.

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