Vilhjalmur Sigurdarson & Seppe Nobels: Erbarmungslose Lokalisten

Verliebt in die eigene Region: Vilhjalmur Sigurdarson und Seppe Nobels gehören zu den Kitchen Rebels aus Flandern. Auf der CHEFDAYS-Bühne zeigen sie, was das bedeutet.
Juni 9, 2016 | Text: Kathrin Löffel | Fotos: Monika Reiter, Claudio Martinuzzi

Kitchen Rebels

Die Zukunft der Küche

Nein, in Belgien gibt es nicht nur Schokolade und Bier. Für alle, die jetzt aber Angst haben, dass wir belgische Schokolade aus den Rezepten verbannt haben, seid beruhigt. Für das Dessert haben wir Zartbitterschokolade mitgebracht“, lacht Seppe Nobels, der gemeinsam mit Vilhjalmur Sigurdarson die Cooking Demonstrations auf der CHEFDAYS-Bühne eröffnete.

Nobels ist einer von 25 Kitchen Rebels unter 35 Jahren, die sich in der Region Flandern in Belgien zusammengetan haben, um der flämischen Gastronomie und reinen Produkten zu frönen. Sigurdarson – auch ein Rebell in der Küche – und Nobels verbinden die Liebe zu Gemüse und der Nose-to-tail-Gedanke: „Es wird zu viel weggeschmissen. Deshalb nutzen wir alles – von der Wurzel zur Frucht bis zu den Blättern. Aber auch alles vom Tier. Nur so kann es in Zukunft funktionieren.“

Ein weiterer Punkt, der die zwei Kitchen Rebels verbindet: die Verwendung regionaler Lebensmittel. Der gebürtige Isländer und Wahl-Flame Vilhjalmur Sigurdarson verwendet in seinem Restaurant Souvenir ausschließlich Lebensmittel, die unmittelbar um, am oder beim Restaurant wachsen, gedeihen, gezüchtet werden: „Als regionale Küche wird schnell einmal der Stil oder die Philosophie des eigenen Restaurants beschrieben. Aber dann steckt auf einmal Passionsfrucht im Dessert. Wie kann das sein und warum muss das sein?“ Wenn das Gute doch so nah liegt, muss man nicht in die Ferne schweifen.

Deshalb nutzen wir alles – von der Wurzel zur Frucht bis zu den Blättern. Aber auch alles vom Tier. Nur so kann es in Zukunft funktionieren.
Seppe Nobels über seine Philosophie

Flanders Kitchen Rebels bei den CHEFDAYS 2016

Die Zukunft der Küche

Nein, in Belgien gibt es nicht nur Schokolade und Bier. Für alle, die jetzt aber Angst haben, dass wir belgische Schokolade aus den Rezepten verbannt haben, seid beruhigt. Für das Dessert haben wir Zartbitterschokolade mitgebracht“, lacht Seppe Nobels, der gemeinsam mit Vilhjalmur Sigurdarson die Cooking Demonstrations auf der CHEFDAYS-Bühne eröffnete.

Nobels ist einer von 25 Kitchen Rebels unter 35 Jahren, die sich in der Region Flandern in Belgien zusammengetan haben, um der flämischen Gastronomie und reinen Produkten zu frönen. Sigurdarson – auch ein Rebell in der Küche – und Nobels verbinden die Liebe zu Gemüse und der Nose-to-tail-Gedanke: „Es wird zu viel weggeschmissen. Deshalb nutzen wir alles – von der Wurzel zur Frucht bis zu den Blättern. Aber auch alles vom Tier. Nur so kann es in Zukunft funktionieren.“

Ein weiterer Punkt, der die zwei Kitchen Rebels verbindet: die Verwendung regionaler Lebensmittel. Der gebürtige Isländer und Wahl-Flame Vilhjalmur Sigurdarson verwendet in seinem Restaurant Souvenir ausschließlich Lebensmittel, die unmittelbar um, am oder beim Restaurant wachsen, gedeihen, gezüchtet werden: „Als regionale Küche wird schnell einmal der Stil oder die Philosophie des eigenen Restaurants beschrieben. Aber dann steckt auf einmal Passionsfrucht im Dessert. Wie kann das sein und warum muss das sein?“ Wenn das Gute doch so nah liegt, muss man nicht in die Ferne schweifen.

Deshalb nutzen wir alles – von der Wurzel zur Frucht bis zu den Blättern. Aber auch alles vom Tier. Nur so kann es in Zukunft funktionieren.
Seppe Nobels über seine Philosophie

Nobels: „Die Zukunft der Gastronomie liegt in der Einfachheit der Lebensmittel und Gerichte. Nicht zu kompliziert. Außerdem kann mit regionalen Lebensmitteln jeder Koch seine eigene Geschichte erzählen und sich von anderen Regionen abheben. Ich brauche keinen Thunfisch aus Asien oder verrückte Sachen aus Skandinavien. Ich will nur meine eigenen regionalen Produkte auf den Teller bringen.“

Eine vergleichbare Philosophie vertreten auch Sigurdarsons puristische Vorbilder, die seine Handschrift formten. Bei Sternekoch Kobe Desramaults und 3-Sterne-Koch Gert De Mangeleer lernte er die flämische Küche kennen und lieben. Kein Wunder also, dass er auf die Verwendung von belgischem Käse, regionalem Gemüse und seiner Lieblingszutat, dem Kohl-Jus, auf der CHEFDAYS-Bühne nicht verzichten kann. Genauso wenig wie sich Nobels von der belgischen Schokolade trennen will.

Der Region versprochen

Getreu der Verpflichtung gegenüber Natur und Lebensmitteln arbeiten beide Küchenchefs und Rebellen hinter dem Herd sehr eng mit ihren Produzenten zusammen. Sigurdarson: „Manchmal ist es anstregend, am Ende des Jahres einen Plan zu schreiben: Was brauche ich, was will ich, welche Produkte sollen neu dazukommen, welche brauche ich nicht? Aber ich habe so eine enge Bindung zu meinen Produzenten – ich kann einfach nicht einen anderen Weg gehen als manchmal den etwas aufwendigeren.“

Sigurdarson: „Dazu gibt es eine kleine Geschichte: Ich saß mit einem Freund aus der Gastronomie zusammen und wir tranken Gin Tonic, unterhielten uns und gegen ein Uhr nachts schreckte er hoch. Er habe vergessen, etwas bei unserem Produzenten zu bestellen. Also schrieb er ihm eine kurze SMS. Keine zwei Minuten später – man bedenke um ein Uhr nachts – rief er an. Als der Koch auflegte, erzählte er mir, dass der Produzent gerade auf dem Feld unterwegs sei, um die vergessenen Blüten zu pflücken. Nachts. Um eins. Mit Stirnlampe. Im Regen. Ich war total beeindruckt.“

Er fügt hinzu: „Wenn ich also denke, dass ich im Ausland einfacher, schneller und weniger aufwendig bestellen und einkaufen könnte, erinnere ich mich an diese Situation. Er lässt den Pflanzen Zeit, um zu wachsen, und geht unendlich auf uns ein – wie kann ich mich da von ihm abwenden? Es ist eine Bindung und auch eine Verpflichtung. Ich kann mich jederzeit auf ihn verlassen und ich kaufe seine Produkte. Verlässlichkeit auf beiden Seiten ist das A und O. So geht es mir mit allen meinen Produzenten.“

Er lässt den Pflanzen Zeit, um zu wachsen, und geht unendlich auf uns ein – wie kann ich mich da von ihm abwenden? Es ist eine Bindung und auch eine Verpflichtung.
Vilhjalmur Sigurdarson über die Nähe zum Produzenten

Die Vorteile der starken Verbindung liegen auf der Hand: Gemeinsame Weiterentwicklungen mit den Lebensmittelbauern oder die Besinnung auf alte Sorten bestärken die Zusammenarbeit. Eine Konsequenz aus dieser Zusammenarbeit ist ein Produkt, das Sigurdarson auf der CHEFDAYS-Bühne zeigt. Er nennt es Lauch-Spargel. Die Pflanze wird nicht geerntet zum eigentlichen Reifezeitpunkt, sondern darf sich bis zur Samenproduktion weiterentwickeln. Schneidet man dann die äußeren Reihen der Lauchblätter auf, findet man innen einen knackigen Stängel, der sich am oberen Ende der Samenhülse befindet, in die die Pflanze all ihre Energie gesteckt hat.

Während Sigurdarson den Stängel in den Fingern auseinanderbricht, erklärt er: „Der Geschmack ist sehr aromatisch. Fruchtig. Man schmeckt die Energie.“ Aus dem Lauch-Spargel und den frischen Sprossen einer Linde, die vor dem Restaurant Souvenir steht, wird ein Gericht, das für Sigurdarson der pure Frühling ist: „Immer wenn sich die Sprossen an der Linde zeigen, kommt der Frühling. Wenn jemand glaubt, dass Lindensprossen nicht schmecken, hat er sie noch nie probiert. Von einem gesunden Baum schmecken sie sehr gut. Ein weiterer meiner Indikatoren für Frühling ist die Zitronenmelisse.“

Immer wenn sich die Sprossen an der Linde zeigen, kommt der Frühling.
Vilhjalmur Sigurdarson über die Linde neben seinem Restaurant

In diesem Jahr vergaß Sigurdarson, eines seiner Lieblingskräuter zu bestellen. Also bekam er sie nicht ganz pünktlich zur ersten Ernte, aber dann zur zweiten. Er kaufte wie immer sehr viel, um sie mit Salz einzulegen. So kann er das Produkt über das ganze Jahr verwenden. „So kommt auch diese in das Gericht, das puristischer und regionaler kaum sein könnte.“
Passend dazu gibt es von Graanmarkt-13-Küchenchef Seppe Nobels glutenfreien Zartbitterschokoladenkuchen, der mit laktosefreiem Honig-Safran-Eis, Meerrettich und Zitrone ganz regionalverliebt daherkommt: die Schokolade aus Belgien. Der Honig vom Dach mitten in Antwerpen. Der Safran aus der Provinz. Genauso wie der Meerrettich.

Manche Leute sagen, dass Honig aus der Stadt schlechter sei als vom Land. Dagegen spricht eindeutig, dass die Pflanzen in der Stadt nicht mit Pestiziden belastet sind.
Seppe Nobels über seinen eigenen Honig

Nobels: „Ich arbeite in meiner Küche mit bis zu 80 Prozent Gemüse. Daher finden meine Gäste oft auch Gemüse im Dessert. Der Meerrettich gibt eine gewisse Schärfe und Würze mit, die zum schwereren Schokoladenkuchen passen. Das Eis ist laktosefrei und eine echt gute Alternative, wenn Gäste mit Unverträglichkeiten ins Restaurant kommen. Manchmal muss ich hören, dass Honig aus der Stadt schlechter sei als vom Land. Dagegen spricht eindeutig, dass die Pflanzen in der Stadt nicht mit Pestiziden belastet sind. Meine Bienen liefern genialen Honig und wohnen auf dem Dach des Restaurants. Rik Janssens kümmert sich um die 12.000 Bienen.“

Gleich neben den Bienen züchtet Nobels 120 verschiedene Kräuter, die in seinen Gerichten ihre Bestimmung finden. So auch auf dem Teller des Schokoladenkuchens: Frische Kleeblätter bringen eine frische Note und Glück ins Dessert.

Fleischlos glücklich

Die Küche beider Köche ist keine vegetarische. Trotzdem schaffen es auf die Bühne vier vegetarische Gerichte, die es in sich haben. Besonders der überbackene Salat ist ein solches Highlight der Sigurdarson’schen Küche: „Es kommt auf den Salat an, ob das Gericht funktioniert oder nicht. Der Salat darf nicht zum Wachsen gedrängt werden, es muss ihm erlaubt sein, zu wachsen. Unter leichtem Wassermangel entwickelt er Geschmack, ohne wässrig zu werden. Und er fällt nicht zusammen, wenn man ihn wie wir nun in Butter röstet.“

Rucola-Blüten sind so schön. Man sieht richtig, wie die Pflanze all ihre Energie in die Blüte gesteckt hat, um möglichst viele Bienen anzulocken.
Vilhjalmur Sigurdarson über die florale Fortpflanzung

Sigurdarson: „Wenn es ein wässriger Salat ist, bleibt von einer faustgroßen Knolle nur noch ein kleiner Haufen übrig. Ein bisschen Essig in die Pfanne und mit etwas geriebenem belgischem Käse kann man auf das Salzen verzichten. Dazu ein vegetarisches Bottarga aus Eigelb und Blüten der Rucola-Pflanze. Letztere sind so schön, da sieht man richtig, wie die Pflanze all ihre Energie in die Blüte gesteckt hat, um möglichst viele Bienen anzulocken.“

Bottarga wird normalerweise aus Rogen der Großkopfmeeräsche hergestellt. Die Speise wird gesalzen, gepresst und an der Sonne getrocknet. Das Eigelb wird auf die gleiche Weise hergestellt und schafft es, dem Gericht eine zusätzliche salzige Komponente hinzuzufügen, um der Langeweile, die in manchen vegetarischen Gerichten herrscht, entgegenzuwirken.

Dazu kommt eine Vinaigrette vom Brokkoli, die nicht nur farblich perfekt zum Gericht passt: „In dem Schaum ist alles vom Brokkoli enthalten – der Strunk, die Blätter, die Blüten.“ Nose-to-tail auf Veggie-Art.

So schaffen es die zwei Rebellen ohne Fleisch, exotische Lebensmittel oder große Verschwendung, aber mit viel Freude an regionalen Produkten und Puristik, einen guten Eindruck zu hinterlassen. Ganz so, wie es sich Sigurdarson mit dem Motto seines Restaurants erhofft: Man braucht keine teuren Souvenirs, denn es sind die Erinnerungen, die man nie vergisst.

Das Rezept zum Schokoladenkuchen von Seppe Nobels findet ihr HIER.
Kitchen Rebels | www.jongkeukengeweld.be
Vilhjalmur Sigurdarson | www.souvenir-restaurant.be
Seppe Nobels | www.graanmarkt13.be

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