Das große Rolling Pin.Convention Recap: «Nur etwas Einzigartiges bleibt den Gästen auch in Erinnerung»
Das Gesicht in seinen Händen vergraben. Die Schultern zucken. Massimo Bottura kauert Backstage auf einem hölzernen Sessel. Kurz blickt er auf: „Das war zuviel für mich“, sagt er knapp auf Englisch – und seine feuchten Augen strahlen dabei. Vor wenigen Minuten war er noch auf der großen Summit.Stage der Rolling Pin.Convention Germany gestanden.

Hat den knallvollen Saal mit seiner ganzen Energie mitgerissen. Hat die Branche auf maximale Motivation eingeschworen: „Wir müssen jeden Tag Einzigartigkeit neu definieren. Nur so können wir langfristig jeden Tag aufs Neue unsere Gäste begeistern!“ Alles war nach Plan gelaufen – bis das Publikum plötzlich mit Standing Ovations jede Inhaltlichkeit mit purer Emotion überflutete. Grund: große Verehrung – und der Geburtstag des Ausnahme-Chefs!
Just am zweiten Tag der Rolling Pin.Convention im Böhler Areal in Düsseldorf feierte er seinen 62er. Feuerwerk, Torte, Gratulationen – und ein tief berührter Jubilar, der diese Convention wohl genausowenig vergessen wird wie die mehr als 10.000 Besucher – absoluter Rekord! Unter dem provokanten Motto „Be unique or die“ präsentierten so viele Top-Speaker wie nie zuvor – über 100 der besten und kreativsten Köpfe der Branche – ihre Ideen, Gerichte und Visionen.
«Gennaro ist vor den Frauen geflüchtet!»
Auf insgesamt fünf Bühnen, in Masterclasses, Keynotes und Live-Demonstrationen wurden Trends greifbar, die sonst nur in den Laboren der Avantgarde-Küche existieren: von Holistic Cuisine über Nose to Tail 3.0 bis hin zu einem Dinner in der Stratosphäre.
Aber zurück in den Backstage-Bereich. Während sich Bottura nämlich noch von seinem überwältigenden Auftritt erholt, fokussiert sich hier schon der nächste ganz große Visionär auf seinen Auftritt: René Redzepi. „Tolle Expo habt ihr da draußen hingestellt“, raunt er noch schnell, ehe er sich den Interviewfragen auf der Bühne stellt. Was abseits seines neuen Pop-ups in Los Angeles und seiner heutigen Vision von Regionalität die gefühlt tausend Leute im Saal besonders brennend interessiert: Hat das Noma jetzt wie angekündigt wirklich zugesperrt?
Die hiermit verbriefte Antwort von Redzepi höchstselbst: „Wir haben das Noma noch bis Ende 2026 normal geöffnet. Dann werden wir es schließen und immer wieder zu besonderen Zeiten oder Anlässen öffnen. Zwischendurch aber werden wir unser Pop-up-Konzept international verfolgen!“
SUMMIT.STAGE // SPEAKER
Alexander Herrmann & Tobias Bätz,
Restaurant Aura, Wirsberg, DE // Heinz Reitbauer, Steirereck, Wien, AT // Joachim Wissler & Larissa Metz, Vendôme, Bergisch Gladbach, DE // Henry Mc Govern, McWin Capital Partners, London, GB // Richard Rauch, Geschwister Rauch, Trautmannsdorf, AT // Tim Mälzer, Bullerei, Hamburg, DE & Gennaro Contaldo, London, GB // Tim Raue, Restaurant Tim Raue, Berlin, DE // Rasmus Munk, Alchemist, Kopenhagen, DNK // Julius Persoone, The Chocolate Line, Brügge, BEL // The Duc Ngo, Ryotei, Berlin, DE // Mischa Steigerwald & Julia Tyrolt, Riviera Projects GmbH, München, DE // Massimo Bottura, Osteria Francescana, Modena, IT // René Redzepi, Noma, Kopenhagen, DNK
Kleiner Showstopper: Wer nun doch noch auf einen Tisch im Noma spitzt, muss wohl Redzepis Handynummer haben – ausgebucht wäre das weltberühmte Restaurant freilich weit über Ende des nächsten Jahres hinaus … Aber wir haben ohnehin keine Zeit, darüber nachzudenken. Längst steht das nächste Highlight auf dem Menü. Diesmal eines der emotionalen und weniger fachlichen Art: Tim Mälzer trifft live auf der Talk-Couch auf seinen Mentor und kulinarischen Ziehvater Gennaro Contaldo.
Und während sich die beiden gegenseitig ganz große Liebe schwören und das Publikum selbst schon fast am Weinen ist, packt Mälzer ein bis dato bestens gehütetes Geheimnis aus. „Wisst ihr, warum Gennaro wirklich aus Italien weg und nach London gegangen ist? Er musste vor den vielen Frauengeschichten flüchten!“ Großes Gelächter, frage nicht. Und: kein Dementi. Gennaro: „Ich würde gerne sagen, das war nicht so. Aber: Es war so!“
Weit weniger launig, dafür aber mit einer gehörigen Portion Science Fiction entführt uns jetzt der vielleicht aktuell visionärste aller Chefs in seine Welt: Rasmus Munk vom Alchemist in Kopenhagen. Nicht nur, dass seine holistische Küche aktuell in aller Munde ist, denkt der Mann längst an eine Zukunft, die unsereinem in der Regel verborgen bleibt.
«Wir wollen aus CO2 Essen machen»
„Wir wollen aus CO2 in der Luft Essen für die Welt herstellen“, sagt er zur Verblüffung des Publikums – und meint das auch so. Gerade als Speerspitze der Kulinarik fühle er die Verpflichtung, sich auch um unseren Planeten zu kümmern. Deshalb ist er dem globalen Konsortium Spora beigetreten, das Protein aus CO2 in genussvolle Lebensmittel verwandeln will. Diese Idee „hat das Potenzial, mehr als eine Milliarde Menschen zu ernähren!“

Und weil’s gar so unglaublich klingt, liefert Munk die Erklärung nach: Statt ressourcenintensiven Zucker in Fermentationsprozessen zu verwenden, kommt CO2-basiertes Acetat (die Säure, die Essig seine Schärfe verleiht) zum Einsatz. Dieses dient Mikroorganismen als Nährstoff – und die produzieren wiederum hochwertiges Protein, das den weltweiten Ernährungsbedarf decken könnte. Bis wann das Realität sein wird, steht zwar noch in den Sternen, doch die Idee allein macht Hoffnung, frage nicht.
CHEFS IN TOWN.STAGE // SPEAKER
Max Stiegl, Gut Purbach, Purbach, AT // Jan-Philipp Berner, Söl’ring Hof, Sylt, DE // Tim Raue, Restaurant Tim Raue, Berlin, DE // Alina Meissner-Bebrout, bi:braud, Ulm, DE // Tohru Nakamura, Tohru in der Schreiberei, München, DE // Rosina Ostler, Alois – Dallmayr Fine Dining, München, DE // Matteo Ferrantino, bianc, Köln, DE // Dominique Persoone, The Chocolate Line, Brügge, BEL // Anthony Sarpong, Anthony’s Kitchen, Meerbusch, DE // Thomas Bühner & Timo Fritsche, LA Vie by thomas bühner, Düsseldorf, DE
Über die Zukunft unserer Welt geht es auch eine Bühne weiter, auf der Chefs in Town.Stage. Allerdings wesentlich greifbarer, bodenständiger. Hier ist nämlich mit Max Stiegl, der Provokateur aus dem Burgenland, gerade zugange. Seine Zutaten: Lederschürze, trockener Humor, funkelnder Blick.
„Wenn wir Tiere essen, dann ganz“, sagt er kurz und unmissverständlich. Sein Thema: Nose to Tail 3.0. Kein Luxus, sondern Pflicht. Also erzählt er von Bibern, die man per Gesetz zwar schießen, aber nicht essen darf. Klar, er macht’s trotzdem.
«Warum soll man nicht Bärentatzen essen?»
Und er erzählt von Authentizität, die von der Küche ausgeht und im Idealfall von den Gästen mit nach Hause genommen wird. Weil Biber grad aus ist, verkocht er eben Bärentatze aus Slowenien. Und während die einen noch neugierig kosten, steht schon der nächste in der Schauküche – Jan-Philipp Berner vom Söl’ring Hof.
„Wir sind eine Clubsandwich-freie Zone!“, ruft er lachend. „Doch dahinter steckt Strategie!“ Bei ihm auf Sylt heißen die Themen-Menüs Porterhouse-Steak in fünf Gängen, Meeresfrüchte in 13 Gängen oder ein Gourmet-Picknick-Korb zum Mitnehmen an den Strand mit fünf Gängen Inhalt.
„Unser Konzept ist es, neue kulinarische Impulse zu geben und neue Gäste in der Zwischensaison auf die Insel zu locken. Daher zeigen wir euch unsere Welt am Meer!“ Tim Raue übernimmt.

Wie immer direkt. Wie immer mit Haltung. „Geschmackliches Storytelling – das ist unser Job!“, ruft er ins Publikum. Selbst den Waldorfsalat hat er neu erfunden, mit Sellerie, Apfel, Kopfsalat und Trüffel. „Mir muss es schmecken“, sagt er.
„Nicht, weil ich arrogant bin. Weil ich weiß, was ich tue.“ Und während er spricht, schimmert etwas durch, das in seiner Küche genauso wichtig ist wie Salz: Selbstbewusstsein. Im Hintergrund: Alina Meissner-Bebrout aus dem „bi:braut“ in Ulm. Ihre Forelle aus Blaustein mit Apfel, Sellerie und Fenchelcreme? Ein Gedicht.
FOOD.LAB // SPEAKER
Patrick Ködel, Pa&Ko Culinary Media Solutions, Stuttgart, DE // The Duc Ngo, Ryotei, Berlin, DE // Heiko Antoniewicz, Antoniewicz GmbH, Werne, DE // Caroline Baerten & Nicolas Decloedt, hummus x hortense, Brüssel, BEL // Ben Boury, Boury Academy Roeselare, BEL // Jaimy Reisinger, Kuliktiv, Graz, AT // Helena Jordan, Café Capra, St. Valentin, AT // Niklaas Prins & Sebastian Bruns, Deutsche See GmbH, Bremerhaven, DE // Concetta Ragusa, La Gioia, Aidlingen, DE // Daniel Schmieg, CLAX, Hachenberg, DE // Jonathan Burger Hotel Gasthof Hirschen, Schwarzenberg, AT // Frédéric Van Tricht, Kaasaffineurs Van Tricht, Antwerpen, BEL // Senne Eylenbosch & Vincent Alluin, Boerenerf, Brüssel, BEL // Nick Bril, The Jane, Antwerpen, BEL // Marko Stanzer, 11er Nahrungsmittel GmbH, Frastanz , AT // Anton Lebersorger, Lebersorger Catering, Esslingen, DE
„Nächstes Jahr eröffnen wir ein Boutique-Hotel aus dem 15. Jahrhundert – auch das ist Nachhaltigkeit“, berichtet sie von ihrem persönlichen Zukunftsgeist im Mini-Format.
In diesen Chor stimmt Rosina Ostler vom „Alois“ in Düsseldorf ein. Reduktion und Stille präsentiert sie als perfekte und unverzichtbare Tellersprachen-DNA. Nicht ohne mit ihrer Erzählung für Schmunzeln zu sorgen: „Ich habe extra einen Töpferkurs absolviert und stelle mein passendes Geschirr jetzt selbst her, wenn es die Zeit erlaubt.“ Symmetrie und Asymmetrie der Speisen und der Teller, monochromer Stil, abgestimmt mit Farbwelten. „Ein klares Tellerbild mit wenig Produkten ist für mich Genuss für Gaumen und Auge – also doppelter Genuss.“
Jetzt aber zieht es uns weiter – einmal quer durch die 6.000 Quadratmeter große Expo, vorbei an den vielen spannenden Produzenten und Lovebrands der Branche, die hier ausstellen – direkt zu Sommelier-Legende Gerhard Retter. Er bittet in seiner „School of Wine“ im Stundentakt spannende Sommeliers, Winemaker und Fachleute nicht nur zum Talk, sondern auch zum Verkosten.
DNA.STAGE // SPEAKER
Philipp Vogel, Orania.Berlin, Berlin, DE // Anika Holtey, H-ZWO Agentur für Kommunikation, Köln, DE // Leonardo Lombardi, GPS – Gastro Professional Service, Rüsselsheim, DE // Nicola Sivilotti, Consorzio del Prosciutto di San Daniele, San Daniele del Friuli, IT // Gennaro Contaldo, London, GB // Stefania Lettini, Lettinis, Düsseldorf, DE // Céleste Fryns, Fryns Distillery, Hasselt, BEL // Benedetto Russo, Carmelo Greco Frankfurt, DE // Alexander Posch, Restaurant Genießerei am Markt, Graz, AT // Axel Schmitt, Bäckerei Schmitt, Frankenwinheim, DE // René-Noel Schiemer, Unilever Food Solutions, Hamburg, DE // Concetta Ragusa, La Gioia, Aidlingen, DE // Andrea Mancuso Morini, Consorzio Tutela Aceto Balsamico di Modena, Modena, IT // Daniel Edelsbrunner, Kupferdachl, Premstätten, AT // Manuel Höfer-Schwarze, Genusstreffpunkt Höfer, Weinitzen, AT
Und soeben entert mit Hendrik Thoma von „Wein am Limit“ aus Hamburg ein wahrer Kapazunder die Stage – ist er doch einer von insgesamt nur 280 weltweiten „Master Sommeliers“. Gerade vergleicht er mit unglaublichem Fachwissen nur eine einzige Rebsorte, die in zwei Ländern angebaut wird: „Albariño versus Alvarinho, Spanien gegen Portugal, eine Herausforderung, die nicht nur im Fußballstadion für Aufregung und Spannung sorgt, auch im Glas!“
«Es muss zuerst mir schmecken!»
Eher für einen Sturm im Weinglas sorgt nur wenige Schlucke später Top-Sommelier und Podcaster Silvio Nitzsche aus Dresden. Grund: Er spart nicht an Kritik an seiner eigenen Branche, nimmt seine Kollegenschaft recht harsch in die Pflicht: „Man muss schon etwas dafür tun, dass man eine Position im Restaurant hat, die einem Sommelier gerecht wird. Den Leuten in unserer Branche muss man weitergeben, dass sie ihren Arsch bewegen, sich weiterbilden und sich in unternehmerischer Sicht unabkömmlich machen müssen.“
SCHOOL OF WINE // SPEAKER
Hendrik Thoma, Wein am Limit, Hamburg, DE // Gerhard Retter, Retter & Co, München, DE // Konstantin Baum, Baum Selection, Baden-Baden, DE // Klaus Gasser, Cantina Terlan, Terlano, IT // Moritz Nikolaus Lüke, Grand Cru Select, Bonn, DE // Dennis Ruhl & Dennis Kuckuck, Vendôme, Bergisch Gladbach, DE // Giuseppe Pinna, Weingut Argiolas SpA, Serdiana, IT // Antonios Askitis, Pommes & Wein | Weinbar & Imbiss, Düsseldorf, DE // Silvio Nitzsche, SOMMELIER der Podcast, Dresden, DE // Frank Kämmer, Kierdorf Wein, Reichshof, DE // Tim Raue, Restaurant Tim Raue, Berlin, DE // Johann Henschke, Weingut Henschke, Keyneton, AUS // Lennart Geist, The Door, Karlsruhe, DE // Julia Kohler & Moritz Görgner, Vino 4 Vibes, Baden-Baden, DE
Dazu gehört freilich die Fähigkeit, über den Tellerrand blicken zu können. Wie das aus Chef-Sicht geht, zeigt nun – wenig überraschend – Tim Raue den Sommeliers und Weininteressierten. Perfektionist Tim Raue präsentiert nämlich nicht nur Signature Dishes mit genialen Wine Pairings in der „School of Wine“, sondern diesmal auch seine neue Tim-Raue-Gläserserie „Kolibri“, die er gemeinsam mit Zwiesel Glas entwickelt hat. Clou an der Sache: Die Gläser sind nicht nur schön und elegant, sie sind vor allem einen Tick anders konstruiert, als man es gewohnt ist. So sehen auch die in der Spitzengastronomie heute gängigen zehn Centiliter Wein nach etwas mehr aus als in klassischen Weingläsern!
«Immer nur mit offenen Augen träumen!»
Eine Idee, der Tohru Nakamura aus dem „Tohru“ in München einiges abgewinnen kann. Jetzt aber gibt er bereitwillig über die aktuelle Entwicklung in seinem Betrieb Auskunft, der seit heuer drei Sterne trägt: „Meine Stammgäste sind geblieben, viele neue aus dem Ausland aber dazugekommen“, verrät er. Das sei gelungen, weil „wir an unserem Stil festgehalten, aber ihn doch ziemlich geschärft haben.“ Sprich: Nicht abheben, sondern am Boden bleiben, lautet die Botschaft, die sein Kollege Matteo Ferrantino sogleich aufgreift, wenn er sagt: „Träumen soll man und muss man, aber, bitte, immer mit geöffneten Augen!“
PIONEER.STAGE // SPEAKER
Thomas Hirschberger, AML Invest, München, DE // Sven Freystatzky,
Jim Block, Hamburg, DE // Tim
Grühn, Jannys Eis Franchise GmbH, Seevetal-Maschen, DE // Julia Tyrolt, Riviera Projects GmbH, München, DE // Rosina Ostler, Alois – Dallmayr Fine Dining, München, DE // Emilia Montz, la vie by thomas bühner, Düsseldorf, DE // Daniel Niemann & Payam Ershadifar, Gastronovi GmbH, Bremen, DE // Matthias Schönberger & Tobias Jäkel, MoschMosch, Frankfurt am Main, DE // Jacek Trybuchowski, FR L‘Osteria SE, München, DE // Andreas Bork, Burger King Deutschland, Düsseldorf, DE // Nicolas Heintz, Big Mamma Group, Paris, FR // Kemal Üres, Der Gastro-Flüsterer, Hamburg, DE // Roland Toch, Worldpay, München, DE // Max Luscher, coffee, brownies & downies, Oberursel, DE
Fazit: Zwei Tage. Sechs Bühnen. Über 10.000 Teilnehmer. Die Rolling Pin.Convention Germany 2025 war kein Branchentreffen – sie war ein Beben mit einem klaren Ergebnis: Einzigartig zu sein ist keine Kür. Das ist die Pflicht jedes Einzelnen, um gemeinsam erfolgreich sein zu können!
Save the Date!
Rolling Pin.Convention
08.-09.06.2026 / Graz, Austria
28.-29.09.2026 / Düsseldorf, Germany














































































