Was verrät das Arbeitszeugnis?

Was kann hinter den wenigen Zeilen "Lobeshymne" alles verborgen sein? ROLLING PIN zeigt, worauf es ankommt!
November 13, 2015

Fotos: Soenne – Architekturfotograf, Aachen, Shutterstock, Werner Krug, beigestellt
Insidertipps für das Arbeitsszeugnis

Eine lückenlose Dokumentation des beruflichen Werdeganges ist bei jedem Vorstellungsgespräch essenziell. Lebenslauf und Zeugnisse gehören daher in jede Bewerbungsmappe. „Der Arbeitnehmer war stets bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen.“ Sätze wie diesen hat jeder Personalchef wohl schon mehrere Hundert Male gelesen. Gut und schön, aber was bedeutet das überhaupt?

„Der Teufel steckt im Detail! Nichts steht zufällig in einem Zeugnis!“

 

Sobald jemandem ein Arbeitszeugnis ausgestellt wird, sollte sich dieser bewusst darüber sein, dass es meistens besser klingt, als es gemeint ist. Denn um einen Arbeitnehmer nicht unnötig an seiner Karriere zu hindern, gibt es in Deutschland bereits seit 1960 ein Gesetz, das besagt, dass in einem Arbeitszeugnis nichts Negatives, aber auch nichts Unwahres stehen darf. Darum wurden zahlreiche Formulierungen und Techniken entwickelt, die negative Aussagen durch Beschönigungen positiv klingen lassen. Man kann hier von einer eigenen Zeugnissprache sprechen. „Positiv wirken Sätze wie…

Fotos: Soenne – Architekturfotograf, Aachen, Shutterstock, Werner Krug, beigestellt
Insidertipps für das Arbeitsszeugnis

Eine lückenlose Dokumentation des beruflichen Werdeganges ist bei jedem Vorstellungsgespräch essenziell. Lebenslauf und Zeugnisse gehören daher in jede Bewerbungsmappe. „Der Arbeitnehmer war stets bemüht, die ihm übertragenen Aufgaben zu erfüllen.“ Sätze wie diesen hat jeder Personalchef wohl schon mehrere Hundert Male gelesen. Gut und schön, aber was bedeutet das überhaupt?

„Der Teufel steckt im Detail! Nichts steht zufällig in einem Zeugnis!“

 

Sobald jemandem ein Arbeitszeugnis ausgestellt wird, sollte sich dieser bewusst darüber sein, dass es meistens besser klingt, als es gemeint ist. Denn um einen Arbeitnehmer nicht unnötig an seiner Karriere zu hindern, gibt es in Deutschland bereits seit 1960 ein Gesetz, das besagt, dass in einem Arbeitszeugnis nichts Negatives, aber auch nichts Unwahres stehen darf. Darum wurden zahlreiche Formulierungen und Techniken entwickelt, die negative Aussagen durch Beschönigungen positiv klingen lassen. Man kann hier von einer eigenen Zeugnissprache sprechen. „Positiv wirken Sätze wie ‚der Arbeitnehmer ist bei uns jederzeit wieder herzlich willkommen’ oder ‚wir würden uns freuen, ihn auch nächste Saison wieder bei uns zu haben’. Auch Begriffe wie ‚stets, sehr, besonders’ sind bei Arbeitgebern gerne gesehen“, meint Headhunter Christian Schweinzer von der Recruting-Agentur Blackrock Careers. „Eher ungünstig sind Phrasen wie ‚erfüllte seine Aufgaben im Wesentlichen’ oder ‚war bemüht, die Aufgaben zu erfüllen’“.

Was man wissen muss: Kein Teil eines Arbeitszeugnisses ist neutral: Weder die Reihenfolge der Tätigkeitsbereiche noch rätselhafte Beschreibungen des Sozialverhaltens oder der Leistung im Allgemeinen. Werden beispielsweise weniger bedeutende Tätigkeiten zu Beginn genannt, gibt dies Hinweise auf die mangelnde Qualifikation eines Bewerbers. Betonungen von Selbstverständlichkeiten wie Pünktlichkeit oder Ehrlichkeit deuten an, dass der Arbeitserfolg der Person eher gering war. Diese und weitere Techniken der Zeugnissprache mit Dekodierungen finden sich auf diversen Internetseiten. Auch wenn hier teilweise Widersprüche auftauchen, handelt es sich im Großen und Ganzen um die gleichen Umschreibungen, die man als Empfänger oder Verfasser eines Zeugnisses dringend kennen sollte.

„Mir ist wichtig, zu sehen, dass Sich der Bewerber weiterentwickelt hat“

 

Natürlich sind sich Arbeitnehmer gelegentlich bewusst, was es mit gewissen Formulierungen auf sich hat. Um eigene Unzulänglichkeiten zu vertuschen oder vor dem zukünftigen Chef in spe zu beschönigen, gibt es einige Tricks: „Man kann Zeugnisse oder Arbeitsbescheinigungen zum Beispiel einfach weglassen. So riskiert man allerdings, dass der ehemalige Arbeitgeber kontaktiert wird und auf diese Weise Licht ins Dunkel kommt. Besser ist es, ein weniger positives Arbeitszeugnis gemeinsam mit Zeugnissen abzugeben, die ein sehr gutes Licht auf den Bewerber werfen. So wird deutlich, dass die Position in diesem Unternehmen vielleicht nicht die richtige war, der Arbeitnehmer aber generell ein guter Mitarbeiter und Kollege ist“, empfiehlt Schweinzer.

Stephanie SuckowStephanie Suckow
Personalreferentin, Schlosshotel Kronberg
www.schlosshotel-kronberg.de

Individualität ist für jedes Zeugnis sehr wichtig!

„Zeugnisfälschungen sind mir bis jetzt zum Glück noch nicht untergekommen“, sagt Gerhard Fuchs, 3-Hauben-Koch im Restaurant Kreuzwirt. „Allerdings wurde ich oft im Nachhinein von Arbeitgebern ehemaliger Mitarbeiter kontaktiert und nach der Position des Betreffenden in meinem Betrieb gefragt.“

„Wenn der Mitarbeiter vertraglich für ein Jahr angemeldet ist und ohne Begründung früher geht, lasse ich ein Zeugnis von meiner Sekretärin ausstellen. Das sagt bei der nächsten Bewerbung ohnehin schon viel aus“, erklärt Fuchs. In der Regel schreiben Arbeitgeber ab einer Beschäftigungsdauer von zwei bis drei Monaten ein Zeugnis. Alles, was zeitlich darunter liegt, wird nur durch eine Arbeitsbestätigung goutiert; Praktika und Ferialarbeiten sind hier ausgeschlossen: Für derartige Jobs gibt es bereits nach kürzeren Perioden ein Zeugnis.

Für den Arbeitgeber

Auch Arbeitgeber sind sich nicht immer über alle „Fettnäpfchen“ beim Ausstellen von Arbeitszeugnissen bewusst. Viele Bewerbungsratgeber und Internetseiten geben widersprüchliche Informationen über die Bedeutungen von Geheimcodes. Wenn man also auf Nummer Sicher gehen will gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder man lässt sich von einem Karriereexperten beraten, oder man relativiert etwaige Missverständnisse von vornherein mit einer Notiz: „Dieses Zeugnis enthält keine verschlüsselten Formulierungen. Eine Interpretation im Sinne einer „Zeugnissprache“ würde die Aussage dieses Zeugnisses nicht im Sinne der Verfasser wiedergeben.“

Gerhard FuchsGerhard Fuchs
3-Haubenkoch
www.gasthaus-kreuzwirt.at

Ein anruf beim Ex-Chef sagt mehr als ein Zeugnis.

Alle, die eine internationale Karriere anstreben, sollten wissen, dass englische Arbeitszeugnisse formal und auch inhaltlich anders aufgebaut sind, als im deutschsprachigen Raum. Übersetzungen sollten nur von Muttersprachlern übernommen werden, um das jeweilige Sprachregister adäquat zu modifizieren. Für derartige Übersetzungen werden im Schnitt ca. 100 Euro pro Zeugnis verlangt.

Arbeitszeugnisse sind eine Quittung vorangegangener Leistungen. Wenn der viel beschäftigte Vorgesetzte also anbietet, man könne selbst ein Arbeitszeugnis formulieren, sollte man die Gelegenheit beim Schopf packen; mit diesem Vorschlag ist bereits stillschweigend eine positive Bewertung der Leistung akzeptiert worden. So ist es möglich, dem Chef eine lästige Pflicht abzunehmen, sich selbst in ein positives Licht zu rücken und die eigenen Qualifikationen für die nächste Bewerbung erheblich aufzuwerten.

Die Zeugnis-Checkliste

* Beginn Überschrift, persönliche Daten und Datum des Arbeitsbeginns, beruflicher Werdegang, also zum Beispiel Aufstiege innerhalb des Unternehmen, Beschreibung der zuletzt ausgeübten Tätigkeit.

* Leistung Engagement und Arbeitsbereitschaft, Zielstrebigkeit und Fähigkeit für die jeweilige Stelle, Fachkenntnisse, Arbeitsstil, Ergebnisse und Erfolge während der Karriere im jeweiligen Unternehmen, Leistungszusammenfassung (z.B. Sie erledigte alle Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit).

* Sozialer Umgang Verhalten im Unternehmen, also Auskommen mit Vorgesetzten und Kollegen, Verhalten Kunden, Partnern oder Gästen gegenüber, allgemeines Verhalten (z.B. Er/Sie war stets höflich und zuverlässig).

* Schlussabsatz Beendigungsformel, Dank oder ggf. Ausdruck des Bedauerns wegen Verlustes eines geschätzten Kollegen, Zukunftswünsche, Unterschrift, Stempel und vollständiger Titel des/der Ausstellers/-in, Ausstellungsdatum.

Jürgen ZechVorsicht, Falle!

Darauf sollten Sie bei der Formulierung achten

Jürgen Zech
Bewerbungscoach
Der Karriereexperte ist bereits seit 1991 im Bereich systemischer Beratung tätig und befasst sich heute vor allem mit Bewerbungs- und Karrierecoaching, Personalauswahl und Mitarbeiterführung.
www.bewerbung-training.de

Karrierequittung

Zu jeder Bewerbung gehören neben einem Lebenslauf auch immer die relevanten Arbeitszeugnisse. Sie vermitteln einen ersten Eindruck des Bewerbers und sind daher wichtige Dokumente.

ROLLING PIN: Wie überprüft man, ob Lebenslauf oder Arbeitszeugnisse nicht geschönt bzw. gefälscht sind?
Jürgen Zech: Die meisten Arbeitgeber werden bei Verdacht die angeführten Zeugnisse mit dem Lebenslauf vergleichen. Das ist sozusagen die erste Kontrollmöglichkeit. Wenn Zeugnisse fehlen sollten, kann man die letzten beiden Unternehmen des Bewerbers googlen. Hier tun sich wichtige Fragen auf. Gibt es die angegebenen Positionen überhaupt? Eventuell können auch Netzwerke wie Xing genutzt werden, um den Lebenslauf des Bewerbers nochmals zu überprüfen. Heutzutage geht das ja alles recht schnell.

RP: Wie stellt man ein Arbeitszeugnis aus?
Zech: Man unterscheidet normale Zeugnisse, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgestellt werden, von Zwischenzeugnissen, die bereits während des Arbeitsverhältnisses ausgestellt werden und die daher nur Angaben über den bisherigen Verlauf des Arbeitsverhältnisses enthalten. Außerdem unterscheidet man einfache Zeugnisse, die lediglich Art und Dauer der Tätigkeit beschreiben, von qualifizierten Zeugnissen, die darüber hinaus auch Leistungen und Führung des Arbeitnehmers wiedergeben und bewerten. Wenn man in diesem Bereich nur wenig Erfahrung hat, sollte man einen Experten um Raf fragen – es gibt zu viele Fallen, die man übersehen kann!

RP: Was sollte darin stehen?
Zech: Ein qualifiziertes Zeugnis, zu dessen Ausstellung der Arbeitgeber verpflichtetist, muss als notwendige Angaben enthalten: Name, Vorname, Geburtsdatum und Geburtsort des Arbeitnehmers, die Bezeichnung des Arbeitgebers (Name der Firma, Anschrift der Firma), die Dauer des Arbeitsverhältnisses, beschäftigt von – bis, eine genaue Beschreibung der Tätigkeit des Arbeitnehmers, eine Bewertung der Leistungen und der Führung des Arbeitnehmers. Die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind nur auf Wunsch des Arbeitnehmers ins Zeugnis aufzunehmen.

RP: Ab wann sollte man einem Mitarbeiter ein Arbeitszeugnis ausstellen? Wie lange muss er gearbeitet haben, um überhaupt beurteilt werden zu können?
Zech: Im Allgemeinen kann man ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Ein einfaches Zeugnis ist aber dann ausreichend, wenn man nur für ganz kurze Zeit (einige Wochen) beschäftigt war, sodass der Arbeitgeber keine Möglichkeit hat, die Leistungen zu bewerten. Anders sieht die Situation bei Praktikanten und Ferialarbeitern aus. Diese haben auch nach kürzerer Zeit Anspruch auf ein Zeugnis. Als Verfasser eines derartigen Dokuments sollte man allerdings etwas Übung haben. Andernfalls empfiehlt es sich, einen Experten zu konsultieren.

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