EU und G20 bereiten gemeinsame Maßnahmen gegen Corona-Krise vor

Die Corona-Krise wird bisher vor allem national bekämpft. Aber auch die internationale Abstimmung kommt in Gang, wenn auch langsam.
März 27, 2020

 

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Die Europäische Union und die G20 der führenden Wirtschaftsmächte bereiten umfassende Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie und zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen vor.

2 Wochen für neues Rettungsschirm-Modell

Die Staats- und Regierungschefs der EU beschlossen bei einem Videogipfel nach hartem Ringen, binnen zwei Wochen ein neues Modell für einen Rettungsschirm mit Finanzhilfen für verschuldete Staaten auszuarbeiten.

«Diese Vorschläge sollten dem beispiellosen Charakter des Covid-19-Schocks Rechnung tragen, der alle unsere Länder trifft», hieß es in der Gipfelerklärung. Dass beim EU-Gipfel eine Einigung vertagt wurde, stieß im Europaparlament auf Kritik.

Zuvor hatten die Staats- und Regierungschefs der G20 ein gemeinsames Vorgehen in der Krise beschlossen. «Wir bekennen uns nachdrücklich dazu, dieser gemeinsamen Bedrohung geeint entgegenzutreten», hieß es in ihrer Erklärung nach einem Videogipfel. Man werde mit der Weltgesundheitsorganisation WHO, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und anderen internationalen Organisationen «alle erforderlichen Schritte unternehmen, um diese Pandemie zu überwinden.»

Deutschland will heute nationales Hilfsprogramm beschließen

In Berlin soll am Freitag erstmal ein gewaltiges nationales Hilfsprogramm gegen die Corona-Krise vom Bundesrat endgültig beschlossen werden. Es umfasst Maßnahmen zur Rettung von Arbeitsplätzen und Unternehmen, zur Unterstützung von Krankenhäusern sowie zur Sicherung von Lebensunterhalt und Wohnung der Bürger. Die ersten Hilfen sollen noch vor dem 1. April bei den Betroffenen ankommen.

Insgesamt haben die 19 Mitgliedstaaten und die EU zusammen schon fünf Billionen US-Dollar zur Stützung der Wirtschaft eingeplant. Die Finanzminister sollen nun mit den Zentralbanken einen gemeinsamen Aktionsplan für konkrete Maßnahmen erarbeiten. Auch die Gesundheitsminister wurden beauftragt, ein Konzept zur Pandemie-Bekämpfung zu erarbeiten. Die G20 bekannte sich zudem dazu, Entwicklungsländer vor allem in Afrika in der Krise zu stützen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich zufrieden mit den Ergebnissen. Man habe «ein deutliches Zeichen für globale Zusammenarbeit und internationale Koordination» gesetzt. Merkel nahm trotz häuslicher Quarantäne an beiden Videogipfeln teil.

Österreich: Kurz zeigt sich mit EU-Maßnahmen zufrieden

Auch Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zeigte sich größtenteils zufrieden. Er halte die «existierenden Instrumente» des Euro-Rettungsschirm ESM für die «richtige Ergänzung» zu den Maßnahmen der Europäischen Zentralbank zur Stabilisierung von Wirtschaft und Märkten infolge der Coronavirus-Krise.

«Was wir aber weiterhin klar ablehnen, ist eine Vergemeinschaftung von Schulden in der EU, wie etwa durch Corona-Bonds», so Kurz nach dem EU-Gipfel.

Italien und Spanien fordern «innovative Finanzinstrumente»

Die 27 Staats- und Regierungschefs der EU wollten ursprünglich die Gruppe der Euro-Staaten beauftragen, Details für Hilfen aus dem bestehenden Eurorettungsschirm ESM zu erarbeiten. Das reichte Italiens Ministerpräsident Giuseppe Conte aber nicht.

Gemeinsam mit Spanien forderte er nach Angaben aus italienischen Regierungskreisen beim Videogipfel «innovative und angemessene Finanzinstrumente». Binnen zehn Tagen sollten die fünf Präsidenten der EU-Institutionen einen Vorschlag machen. Daraus wurde schließlich der Kompromiss, dass die Eurogruppe binnen zwei Wochen Vorschläge machen soll.

Italien und Spanien sind in Europa am schlimmsten von der Coronavirus-Krise betroffen. Trotz schärfster Ausgangssperren sterben täglich Hunderte von Menschen an der neuen Lungenkrankheit Covid-19. Die Wirtschaft steht praktisch still, vor allem in Italien, das schon vor der Krise kaum noch Wachstum und riesige Schuldenberge hatte.

Kritiker fordern «mutigere Entscheidungen»

Als «gefährliche Taktik» kritisierte der deutsche Europaabgeordneten Bernd Lange den Beschluss des EU-Gipfels: «In der größten Krise greifen die Mitgliedstaaten beim EU-Gipfel auf das übliche Instrumentarium zurück: Problem vertagen und Zeit gewinnen.»

Die Bürger erwarteten entschlossenes Handeln, meinte auch der Chef der europäischen Liberalen, Dacian Ciolos: «Wann, wenn nicht jetzt? Nur mutige Entscheidungen machten die EU stark und glaubwürdig.»

Vor dem EU-Gipfel hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen heftige Kritik an den Alleingängen der EU-Staaten geübt, darunter einseitige Exportverbote, Grenzkontrollen und Störungen des Binnenmarkts in Europa.

«Als Europa wirklich füreinander da sein musste, haben zu viele zunächst nur an sich selbst gedacht», sagte von der Leyen in einer Sondersitzung des Europaparlaments.

Merkel: Zu früh für Gedanken an Exit-Strategie

Im ihrer Gipfelerklärung versicherten die 27 Staaten, die Probleme für den Warenverkehr an den teils geschlossenen Grenzen zu beheben. Gemeinsam soll die Beschaffung von Schutzausrüstung vorangetrieben und die Forschung an Impfstoffen gegen Covid-19 gefördert werden.

Zugleich baten die Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission, mit der Arbeit an einer Exit-Strategie zur Normalisierung der Situation zu beginnen. Deutschlands Kanzlerin Merkel betonte jedoch, es sei noch viel zu früh, über eine Lockerung der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie zu sprechen. Sie wolle «sehr klar sagen, dass im Augenblick nicht der Zeitpunkt ist, über die Lockerung dieser Maßnahmen zu sprechen.»

 

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