Madrid Fusion 2010 – Fliegende Teller und andere Weltneuheiten

Die aktuellesten Food-Innovationen wurden auf der „Madrid Fusion“ und bei den „Flemish Primitives“ in Brügge vorgestellt. Mit dabei die Superstars und Newcomer der Branche.
November 13, 2015

Fotos: Fusion Madrid – www.madridfusion.net, Flemish Primitives
Madrid Fusion 2010 - Fliegende Teller und andere Weltneuheiten

Sind den Köchen die neuen Ideen auf den Tellern ausgegangen? Während in den vergangenen Jahren auf der „Madrid Fusion“ vor allem neue (molekulare) Zubereitungstechniken das Publikum begeisterte, waren es in diesem Jahr vermehrt technische Entwicklungen im Bereich der Food-Präsentation. Sternekoch Grant Achatz verteidigte das damit, dass man nach den wilden Entwicklungsjahren jetzt in einer Phase der Konsolidierung angelangt sei. „Man kann das Rad nicht jedes Jahr neu erfinden“, meinte der amerikanische Starkoch.

So rückte zum Beispiel eine junge, kreative Vereinigung an Physikern, Ingenieuren und Köchen namens „Astrochefs“ in den Vordergrund, die mit ihren fliegenden Tellern für reichlich Gesprächsstoff sorgte. Die Technik dahinter ist einfach, das Produkt jedoch ein Hingucker. Mit im Tisch eingebauten Magneten schwebt der Teller…

Fotos: Fusion Madrid – www.madridfusion.net, Flemish Primitives
Madrid Fusion 2010 - Fliegende Teller und andere Weltneuheiten

Sind den Köchen die neuen Ideen auf den Tellern ausgegangen? Während in den vergangenen Jahren auf der „Madrid Fusion“ vor allem neue (molekulare) Zubereitungstechniken das Publikum begeisterte, waren es in diesem Jahr vermehrt technische Entwicklungen im Bereich der Food-Präsentation. Sternekoch Grant Achatz verteidigte das damit, dass man nach den wilden Entwicklungsjahren jetzt in einer Phase der Konsolidierung angelangt sei. „Man kann das Rad nicht jedes Jahr neu erfinden“, meinte der amerikanische Starkoch.

So rückte zum Beispiel eine junge, kreative Vereinigung an Physikern, Ingenieuren und Köchen namens „Astrochefs“ in den Vordergrund, die mit ihren fliegenden Tellern für reichlich Gesprächsstoff sorgte. Die Technik dahinter ist einfach, das Produkt jedoch ein Hingucker. Mit im Tisch eingebauten Magneten schwebt der Teller fünf bis zehn Zentimeter über der Oberfläche und beginnt sich sogar zu drehen, wenn man ihn außerhalb der Mitte positioniert. Die „Astrochefs“ stehen mitten in der Entwicklung und noch ist diese Technik nicht auf dem Markt erhältlich. Mit bis zu 200 Euro pro schwebenden Teller wird aber zu rechnen sein.

Szenenwechsel nach Brügge zu den „Flemish Primitives“, die in diesem Jahr zum zweiten Mal über die Bühne gingen. Auch hier begeisterte eine technische Innovation die 1200 Zuseher im Auditorium. In die Rolle des Entwicklers schlüpfte Sergio Herman, gefeierter Superstar der Branche mit 3 Michelin-Sternen und 20 Punkten im „Gault Millau“. Gemeinsam mit Ingenieuren konstruierte der Querdenker einen Teller, auf dem Wassertropfen zu tanzen beginnen. Der Verlauf und die Geschwindigkeit der Bewegung kann individuell gesteuert werden. Auch hier befindet sich die Technik im Tisch. Details wollte Herman nicht verraten, immerhin wird er die tanzenden Tropfen den Gästen exklusiv in seinem Restaurant „Oud Sluis“ vorführen. „Ich denke, wir sind an einem Punkt angelangt, an dem es nicht mehr genügt, den Gast mit dem Essen zu beeindrucken. Um im Gedächtnis zu bleiben, zählt das Ganze. Also auch die Präsentation des Restaurants oder die Präsentation der Gerichte auf dem Teller. Auch hier muss man immer wieder überraschen“, erklärte Herman seine Vision der Sterneküche …

Wenn sowohl in Madrid als auch in Brügge ein Trend abzulesen war, dann lag der in der Weiterentwicklung der regionalen Küche. Vorreiter auf diesem Gebiet sind die Skandinavier. So präsentierten auf der „Madrid Fusion“ eine Riege von dänischen Küchenchefs rund um Paul Cunningham, Rene Redzepi, Thorsten Schmidt und Mads Refslund sowie auch der Japaner Yoshihiro Narisawa, wie man den Wald auf den Teller bringt. Schmidt kreierte ein Eicheneis mit Waldluft, Narisawa zeigte, wie er in seinem Restaurant „Dashi“ mit Zedernschnipseln kocht, rohes Hirschfleisch auf Zedernspießen reifen lässt oder bei Tisch Brotteig mit Holzschnipseln zubereiten lässt.

Was ebenfalls für den Trend hin zur Natur spricht: Die Physik spielt bei der Behandlung bzw. Zubereitung von Food-Produkten eine immer größere Rolle. Bestaunte man noch vor wenigen Jahren chemische Prozesse, so gilt die Physik als „sauber“. So stellte bei den „Flemish Primitives“ zum Beispiel der Wissenschaftler Stefan Toepfl vom Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik die neuesten Erkenntnisse der Hochdrucktechnologie vor. Zwar werden Lebensmittel bereits seit den 90er-Jahren unter hohem Druck behandelt, bislang beschränkte sich der Einsatz jedoch ausschließlich darauf, die Haltbarkeit der Produkte zu verlängern. Erstmals testete man nun jedoch auch die Wirkung von Drücken bis 6000 Bar auf Produkte wie Austern, Hummer oder Früchte. Zum Erstaunen der Wissenschaftler veränderten sich die Produkte auf interessante Weise: Das Muskelfleisch der Muscheln wurde beispielswiese größer und intensiver im Geschmack. Hummerfleisch konnte man mit einem Handgriff und ohne Anstrengung sauber von der Kruste trennen. Der Geschmack von Früchten nimmt bis zu 20 Prozent zu. Dass Anlagen wie diese rasch Einzug in die Küchen finden, ist noch nicht abzusehen. Aber es wurde eindrucksvoll demonstriert, dass in der Behandlung von Lebensmitteln in Zukunft noch vieles möglich ist.

Das zeigte etwa auch Kristof Coppens (Restaurant „Apriori“, Haaltert/Belgien) mit seinem „Crycotuv“, eine Hybride, die „cryo cooking“ (also Stickstoffkochen) und Sous-Vide-Technologie miteinander verbindet. Das Highlight: Er füllte die zuvor luftentleerten Poren einer Orange mit Kaffeegeschmack.

Madrid FusionBackstage in Madrid

Zinter hinter den Kulissen.

Als Gewinner des iSi-Espuma-Awards bei den „jungen wilden“ 2009 bekam Peter Zinter eine exklusive Einladung zur „Madrid Fusion“. „Ein einmaliges Erlebnis, vor allem auch deshalb, weil ich mich backstage mit den absoluten Stars der Branche in Ruhe unterhalten konnte“, freute sich Zinter. So verriet ihm Dani Garcia etwa, dass er derzeit am gastronomischen Konzept für den neuen Flughafen in Madrid arbeite und besonders begeistert hörte Zinter Ferran Adrià zu, der ihm einen Einblick in die Küche des „elBulli“ gab. „Er sprach darüber, wie er einen Hasen kulinarisch komplett verwertet. Insgesamt ein unvergleichliches Erlebnis für jeden Koch.“

Madrid FusionSo funktionieren die fliegenden Teller

ROLLING PIN erklärt den Hingucker der „Madrid Fusion“.

Teller, die scheinbar schwerelos über dem Tisch schweben und sich in der Luft drehen – es war das Highlight der „Madrid Fusion“. Hinter der neuen Errungenschaft steckt eine Gruppe, die sich „Astrochefs“ nennen. „UFOOD“ heißt das kompakte Gerät, das kleine Gegenstände wie Schüsseln, Gläser, Töpfe, Flaschen, aber auch Bonbons, Kuchen, Schokoladen, Toaste…schweben lassen kann. Hinter der „Zauberei“ versteckt sich ein fortschrittliches Kontrollsystem, das ein Magnet in einem elektromagnetischen Feld im Gleichgewicht hält. Das ganze System ist in einem modern aussehenden Kasten enthalten. Für einen noch spektakuläreren Effekt kann es zum Beispiel unter der Tischdecke vesteckt werden. „UFOOD“ kann bis zu 350 Gramm einige Zentimeter über dem Tisch tragen. Frei von jeglicher Reibung kann sich der Gegenstand stundenlang drehen oder pendeln.

Stefan Toepfl Food-Behandlung unter 6000 Bar

Unter diesem Druck verändern sich die Produkte auf wundersame Weise.

Neues Verfahren
Stefan Toepfl ist Professor des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik. Erstmals wurden hier unterschiedlichste Lebensmittel mit individuellen Verfahren unter einem Druck von 6000 Bar behandelt.

ROLLING PIN: Wie genau funktioniert Ihre Anlage?
Stefan Toepfl: Es handelt sich um einen geschlossenen Behälter, der mit dem entsprechenden Produkt befüllt wird. Das Produkt kommt in der Verpackung rein. Das Ganze wird unter Wasser gesetzt und geschlossen. Dann wird zusätzlich Wasser in die Anlage gepumpt, bis man 6000 Bar erreicht. Nach drei bis vier Minuten ist der Prozess abgeschlossen.

RP: Welche Wirkung hat diese Behandlung auf das Produkt?
Toepfl: Erstens ist das Produkt vollständig entkeimt. Man erhöht bei Austern damit zum Beispiel die Lagerfähigkeit auf vier bis sechs Wochen, die normalerweise ja bei drei bis vier Tagen liegt. Dazu kommt eine Proteindenaturierung, die Produkte gehen also in Richtung eines gekochten Zustandes. Auf diese Weise kann man auch ein Ei „kalt kochen“. Diese Effekte erlauben es, vollkommen neuartige Produkte herzustellen. Dabei handelt es sich um eine rein physikalische Technik. Keine Chemie, keine Bestrahlung – also vollkommen ungefährlich für das Produkt.

RP: Wo haben Sie diese Technik bereits eingesetzt?
Toepfl: Zum Beispiel bei Austern, bei denen wir das Muskelfleisch um bis zu 15 Prozent vergrößern können, indem wir unter Druck Champagner in die Auster drücken. Interessant beim Hummer: Hier kann man nach der Behandlung die Kruste ganz einfach abnehmen.

RP: Wie kann die Gastronomie diese Anlage schon jetzt nutzen?
Toepfl: Derzeit sind die Kosten dafür noch hoch. Es ist also kein günstiges Verfahren. Die Anlage, mit der wir arbeiten, kostet eine halbe Million Euro. Der Einsatz beschränkte sich in den vergangenen Jahren auf das Haltbarmachen von Produkten. Zum Beispiel Fisch, der dann bis zu sechs Wochen haltbar ist. Er sieht nach der Behandlung zwar gekocht aus, aber für die Gastronomie ist das ja kein Problem.


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