Gennaro Contaldo: Der Vater einer ganzen Koch-Generation
Es dauert nicht lange, bis man versteht, dass Gennaro Contaldo nicht einfach über Essen spricht. Vielmehr erzählt er vom Leben, von Erinnerungen und von Dingen, die bleiben, wenn der Teller längst leer ist. Als Nachkriegskind geboren in Minori, in einem Dorf voller Zitronenbäume an der Amalfiküste, wuchs er in einer Welt auf, in der „das Meer mein Swimmingpool war und der Berg der Garten.

Doch Gennaro ist in Wahrheit der Vater einer ganzen Kochgeneration.
Es dauert nicht lange, bis man versteht, dass Gennaro Contaldo nicht einfach über Essen spricht. Vielmehr erzählt er vom Leben, von Erinnerungen und von Dingen, die bleiben, wenn der Teller längst leer ist. Als Nachkriegskind geboren in Minori, in einem Dorf voller Zitronenbäume an der Amalfiküste, wuchs er in einer Welt auf, in der „das Meer mein Swimmingpool war und der Berg der Garten.

Doch Gennaro ist in Wahrheit der Vater einer ganzen Kochgeneration.
Was immer die Jahreszeit hergab, wurde in dieser Jahreszeit gekocht. So mache ich es bis heute.“ Seine Küche ist einfach, aber präzise. Nichts wird verschwendet, nichts achtlos behandelt.
Diese Haltung begleitete ihn auch, als er in den frühen 1970er-Jahren nach London ging. Die Stadt war laut, kühl, das Gegenteil von Minori – aber sie bot „mir Freiheit“. Contaldo arbeitete sich durch Restaurants, lernte, beobachtete, nahm auf. Schließlich landete er bei Antonio Carluccio im Neal Street Restaurant, wo einander Talent und Gelegenheit trafen.
Denn eines Tages stand dort ein junger Koch, kaum 20, neugierig auf alles, was mit Italien zu tun hatte: Jamie Oliver. „Da ist ein Italiener, der ist der König der Pasta, des Brots, der Saucen“, hatte man ihm gesagt. Oliver erkannte in Contaldo eine Energie, die ihm vertraut vorkam. Contaldo sah in ihm einen Schüler, der nicht fragte, um zu gefallen, sondern um zu verstehen. „Wenn du jemanden siehst, der so wissbegierig ist, verliebst du dich. So war es mit Jamie.“
«Kochen ist keine Rezeptur. Kochen ist vielmehr Beziehung!»

Was Oliver später auf Millionen Bildschirmen zeigte, begann hier: in der Küche eines italienischen Einwanderers in Covent Garden. Das Verständnis, dass Kochen keine Rezeptur, sondern Beziehung ist. Dass Zutaten nicht beherrscht, sondern gelesen werden.
„Die Zutaten sagen dir, was du tun sollst“, sagt Contaldo. Für Oliver wurde das zum Leitmotiv: Das Produkt führt, der Koch folgt. „Wenn du zehn Zutaten verwendest, misch nicht alle durcheinander. Zwei oder drei müssen hervorstechen – das bringt Balance.“
Er lernte, dass Einfachheit nichts mit Bequemlichkeit zu tun hat. Dass ein Fisch gefeiert werden muss, weil er sein Leben für dich gegeben hat. Dass Handwerk Würde ist. Als Jamie Oliver mit The Naked Chef zum Phänomen wurde, blieb Contaldo sein Bezugspunkt.

Sie kochten zusammen, reisten durch Italien, lachten, diskutierten. Oliver nennt ihn „meinen Lehrer, meinen Freund, meinen Vater in der Küche“. Contaldo blieb immer er selbst – ein Mann, der lieber zeigt als erklärt, lieber vormacht als predigt.
Tim Mälzer begegnete ihm kurz darauf. Auch er erkannte in Contaldo die Haltung, die ihm vertraut war: Respekt vor dem Produkt, Interesse an Herkunft, die Weigerung, Geschmack zu inszenieren, statt ihn zu verstehen. Beide teilten den Instinkt, aus wenig viel zu machen. Contaldo hatte nie den Anspruch, jemandem etwas beizubringen.
«Selbst mag ich das Wort Mentor nicht!»
„Ich mag das Wort Mentor nicht. Ich erkläre nur, wie man ein Fleisch- oder Fischgericht zubereitet.“ Wer ihm zuhört, spürt, dass es um mehr geht: um eine Art, die Welt zu sehen. „Bei Jamie“, sagt er, „wusste ich, die Glut in ihm ist stärker als das Feuer draußen“. Heute steht Contaldo noch immer am Herd, gibt Kurse, erzählt Geschichten – und nimmt uns während des Video-Interviews mit nach draußen, um seine neue Outdoor-Küche zu zeigen.

Sie ist einfach und könnte ebenso in Süditalien stehen: mit Holzkohleofen und -herd, rustikal, ohne Chi-Chi – so wie seine ganze Art zu kochen. Was bleibt, ist kein System und keine Methode, sondern eine Spur: Vertrauen in die Einfachheit, Staunen über ein gutes Produkt, das Wissen, dass Kochen Erinnerung ist.
Zwischen all seinen Sätzen klingt noch immer dieser eine, wie eine Art Unterschrift: „Ich bin dort geboren, wo das Meer mein Swimmingpool war.“ Und irgendwo zwischen Meer und Berg, zwischen Herkunft und Hingabe, wurde Gennaro Contaldo zu dem, was er bis heute ist – der Vater einer ganzen Kochgeneration.