Philip Rachinger: Gehirnschwanger

Veränderungen brauchen zeit im Kopf und sorgen dann für mehr Freiraum: Der junge Spitzenkoch Philip Rachinger hat sich von seinem Vater Helmut getrennt. Aber nur räumlich. Ansonsten bleibt im Mühltalhof in Neufelden (fast) alles beim alten.
August 13, 2018 | Text: Kathrin Löffel | Fotos: Monika Reiter, beigestellt

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Philip Rachinger kocht seit wenigen Monaten allein in seiner Küche. Sein Vater hat sich gegenüber eine eigene Küche eingerichtet und überlässt dem jungen Rachinger das Feld. Gelassen sieht der Junior der Herausforderung ins Auge. Dafür ist er Profi genug. Und ganz aus der Welt ist Helmut sowieso nicht. Dafür ist der Mühltalhof zu sehr Familienbetrieb.
Philip Rachinger
Wie kam es zu der Entscheidung, dass Ihr Vater Helmut auszieht? 
Philip Rachinger: Als letztes Jahr für das Gastkochfestival Gelinaz unter anderem René Redzepi und Virgilio Martínez zu uns kamen, haben wir in der alten Scheune eine provisorische Küche eingebaut. Hier hat Redzepi Rehzungen-Sashimi auf frittierter Flechte serviert. Da haben wir gemerkt, dass das ehemalige Bauernhaus, wo damals vier Kühe, ein paar Schweine und Hühner standen, ganz cool wäre für eine zweite Location. Dann ging alles ganz schnell. Helmut bekam einen Holzofen, um Brot zu backen, einen holzbefeuerten Herd und einen Kamin. Alles ganz provisorisch, aber darin ist er einfach wahnsinnig gut. Grundsätzlich haben wir gemeinsam überlegt, dass es eine Verschwendung von Potenzial wäre, wenn wir die nächsten 20 Jahre auch noch in der gleichen Küche stünden. So wie es jetzt ist, können wir unseren Gästen mittags oder abends noch mehr bieten als ausschließlich mit dem Fine-Dine-Restaurant. Helmut tobt sich voll aus und ich mich auch.
Wie wird das Gasthaus angenommen? 
Rachinger: Es war nie geplant, dass es so gut funktioniert, wie es jetzt läuft. Ich glaube, es ist mehr Arbeit, als Helmut sich das vorgestellt hat. Er ist alleine auf der anderen Straßenseite im Wirtshaus mit rund zehn bis 15 Plätzen – auch im Service bei drei Seatings pro Tag.
Hat sich etwas geändert für Sie, seit Sie alleine für das Restaurant Mühltalhof zuständig sind? 

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Philip Rachinger kocht seit wenigen Monaten allein in seiner Küche. Sein Vater hat sich gegenüber eine eigene Küche eingerichtet und überlässt dem jungen Rachinger das Feld. Gelassen sieht der Junior der Herausforderung ins Auge. Dafür ist er Profi genug. Und ganz aus der Welt ist Helmut sowieso nicht. Dafür ist der Mühltalhof zu sehr Familienbetrieb.

Wie kam es zu der Entscheidung, dass Ihr Vater Helmut auszieht?
Philip Rachinger: Als letztes Jahr für das Gastkochfestival Gelinaz unter anderem René Redzepi und Virgilio Martínez zu uns kamen, haben wir in der alten Scheune eine provisorische Küche eingebaut. Hier hat Redzepi Rehzungen-Sashimi auf frittierter Flechte serviert. Da haben wir gemerkt, dass das ehemalige Bauernhaus, wo damals vier Kühe, ein paar Schweine und Hühner standen, ganz cool wäre für eine zweite Location. Dann ging alles ganz schnell. Helmut bekam einen Holzofen, um Brot zu backen, einen holzbefeuerten Herd und einen Kamin. Alles ganz provisorisch, aber darin ist er einfach wahnsinnig gut. Grundsätzlich haben wir gemeinsam überlegt, dass es eine Verschwendung von Potenzial wäre, wenn wir die nächsten 20 Jahre auch noch in der gleichen Küche stünden. So wie es jetzt ist, können wir unseren Gästen mittags oder abends noch mehr bieten als ausschließlich mit dem Fine-Dine-Restaurant. Helmut tobt sich voll aus und ich mich auch.
Wie wird das Gasthaus angenommen?
Rachinger: Es war nie geplant, dass es so gut funktioniert, wie es jetzt läuft. Ich glaube, es ist mehr Arbeit, als Helmut sich das vorgestellt hat. Er ist alleine auf der anderen Straßenseite im Wirtshaus mit rund zehn bis 15 Plätzen – auch im Service bei drei Seatings pro Tag.
Hat sich etwas geändert für Sie, seit Sie alleine für das Restaurant Mühltalhof zuständig sind?
Rachinger: Ganz allein bin ich ja gar nicht. Wir quatschen täglich. Es ist ja immer noch ein Familienbetrieb, wo jeder einen Gesamtüberblick hat. Aber die Arbeitsweise hat sich schon etwas geändert. Ich bin jetzt verantwortlich für alles, was rausgeht – vom ersten Happen bis zum letzten Bissen. Dementsprechend habe ich schon mehr Arbeit.

Wie groß ist das jetzige Team? 
Rachinger: Mit mir arbeiten vier angestellte Köche und zwei Praktikanten über die Sommerferien. Zurzeit haben wir jemanden aus Dänemark da. Wir sind also ein superstarkes Team.
Wie würden Sie Ihren Führungsstil beschreiben? 
Rachinger: Ich versuche aus jedem Koch soviel wie möglich rauszuholen. Sobald dann ein Koch ein, zwei Monate bei uns in der Küche ist, weiß er wie der Hase läuft und wenn dann am Abend das Menü für morgen geschrieben wird, bin ich super offen für neuen Input und gute Ideen! Da ich während den Service „nur“ anrichte und „annonciere“, bin ich während den Mises en Place bei jedem Posten begleitend dabei. Ich möchte so einen möglichst attraktiven Arbeitsplatz schaffen, um auf dem Markt präsent zu bleiben. Ich sehe Veranstaltungen wie die CHEFDAYS auch als gute Möglichkeit, mit einer guten Performance für neue Mitarbeiter zu werben.
Haben Sie Schwierigkeiten, freie Stellen nachzubesetzen? 
Rachinger: Meist nicht, aber bei uns im Mühlviertel ist es schon sehr langweilig. Also muss die Arbeit wenigstens sehr spannend sein, damit die Mitarbeiter bleiben. Leider wird im November mein Sous Chef gehen. Ich denke noch darüber nach, wie ich ihn nachbesetze.
Was ist Ihnen bei Ihrem Sous Chef wichtig? 
Rachinger: Ich sollte womöglich strenger sein. Ein Freund aus Dänemark sagte letztens: Du bauchst einen Sous Chef, der für Ordnung sorgt. Wenn immer nur der Küchenchef alle zur Sau macht, hast du ganz schnell ein unmotiviertes Team. Good cop, bad cop – genau das will ich. So kenne ich es auch aus anderen Betrieben wie dem Steirereck.
Gemeinsame Sache: Auch wenn Helmut Rachinger jetzt aus der Küche des Mühltalhofs ausgezogen ist, stehen Vater und Sohn sich sehr nahe.
Neben dem Auszug von Ihrem Vater steht auch ein großer Umbau an. 
Rachinger: Ich habe vor Kurzem die ersten Pläne für unsere neue Küche bekommen. Es gibt zurzeit drei Gasträume im Erdgeschoss und 20 Zimmer in den oberen Etagen. Die Glasveranda soll vermutlich so bleiben, wie sie ist. Ins Kaminzimmer, in dem zurzeit Platz für rund 50 Gäste ist, soll eine große offene Küche kommen. Wir haben in den letzten Jahrzehnten immer für die Gäste nach vorne ausgebaut. Jetzt ist mal der Arbeitsplatz inklusive Abwasch, Backoffice, Küche und Umkleide dran.
Wann geht der Umbau los? 
Rachinger: Noch sind wir gehirnschwanger und feilen jeden Tag an der Idee. Aber klar für uns ist: Noch so einen heißen Sommer in der kleinen Küche wollen wir nicht erleben. Soll sich mit dem Umbau auch die Art der Küche ändern? Rachinger: Ja, vielleicht. Ich muss da jetzt was reinbauen, das ich für die nächsten 20 Jahre gut finde. Das muss schon gut durchdacht sein. Soll es weiter Menüs geben oder kommt À-la-carte zurück? Oder soll es einen Chef’s Table geben für 20 Gäste mit piekfeinem Fine Dine? Oder ganz anders: Soll die offene Küche zu einer Art Brasserie werden mit gegrilltem Fleisch und viel Trubel und weiterhin Fine Dine in der Glasveranda? Eine Art offene Familienküche? Was ist für mich für die nächsten 20 Jahre denkbar? Wir, meine Tante, mein Vater und ich, haben täglich Besprechungen und denken darüber nach, wie wir es machen wollen. Leider kommt oft auch das Tagesgeschäft dazwischen. Es dauert also noch ein bisschen. Ein interessantes Thema wird auch sein, wie man es in Zukunft schafft, die Gäste länger im Haus zu halten. Schafft man das mit einer Küchenlinie, die alles in einen beinhaltet, oder doch mit drei verschiedenen Restaurants?
Im Zusammenspiel von Küche und Hotel soll sich aber nichts ändern? 
Rachinger: Nein, das läuft super. Wir haben Platz für 40 Hotelgäste. Die meisten buchen auch das Menü dazu. Und dann haben wir noch Platz für 20 externe Gäste. Wir haben meist zwischen 50 und 55 Gäste. Danach wird es schwierig. Das soll mit der neuen Küche vielleicht auch anders werden.
Gericht von Philip Rachinger: Gegrilltes Kitz und Bärlauch
Wie oft ändern Sie die Karte des Restaurants? 
Rachinger: Mit der Saison. So alle drei Wochen wird jedes Gericht gewechselt. Ich muss eher aufpassen, dass ich bei so vielen Wechseln nicht durcheinanderkomme. Da kann es mittendrin in der Vorbereitung schon einmal vorkommen, dass ich mich erwische, wie ich ein Gericht koche, das gar nicht mehr auf der Karte steht.
Schreiben Sie Rezepte auf? 
Rachinger: Nein. Vielleicht meine größte Schwäche? Aus den Basics entwickle ich für uns neue Gerichte. Ganz neue – ach, es gibt so viele tolle Köche da draußen, ganz neu sind die Gerichte doch fast nie. René Redzepi sagte mal in einem Interview, wer zwei bis drei ganz neue Gerichte im Jahr entwickelt, der ist richtig stark. Für mich ist eigentlich wichtiger, dass ich zufrieden bin mit meiner Arbeit und zusätzlich Zeit für meine Familie habe.
Was kam zuletzt neu auf die Karte? 
Rachinger: Ein Hopfen-Dessert, das ich anlässlich des Mühlviertler Hopfenfestes erarbeitet habe. Das kam gut an und das wird’s auch bei uns geben. Hopfen-Meringue, Malz-Ganache und Hefe-Eis. Da fehlt nur noch Wasser und man hat alle Zutaten eines Bieres. Nur Vorsicht beim Hopfen: ultrabitter! Den gemahlenen Hopfen sollte man nur in homöopathischen Mengen verwenden, sonst ist es nicht genießbar.
Philip Rachinger und seine „Realness“ kommen gut an.
Zusätzlich zum Tagesgeschäft sind Sie regelmäßig im Ausland unterwegs. 
Rachinger: Diesen Sommer bin ich wirklich viel gereist. Ich war in Zürich als Gastkoch, in Graz bei den CHEFDAYS, in Istanbul mit Maksut Askar im Neolokal, um die anatolische Küche kennenzulernen. Da haben wir als Hommage an die Türkei und Österreich Kipferl mit jungen Zucchini und Gurken, Sardinen, grünen Nektarinen und karamellisierten Haselnüssen gemacht. Bei einem Dinner war auch ein Prinz aus Saudi-Arabien dabei, mit dem habe ich Strudelteig gezogen, für den ich eine Mischung aus Graumohn und Feigenöl – wieder als Zusammenspiel der beiden Kulturen – geplant habe. Genau in diesem Moment fing der Muezzin an, auszurufen. Ich würde sagen, das war ein göttliches Zeichen! Außerdem war ich mit der Healthy Boy Band zwei Tage in Rimini, wo wir mit Massimo Bottura, in Lyon mit Gastronom Michel Troisgros und auf Bornholm mit Nicolai Nørregaard abgefeiert haben.
Sie kennen viele internationale Köche und haben auch schon einige Größen zum Mühltalhof gelockt. Wie machen Sie das? 
Rachinger: Es funktioniert nur über „Realness“. Ich gehe einfach hin und frage. Natürlich hilft mir mein Französisch und Englisch, sodass man nicht ganz blöd dasteht. Bei den Gelinaz haben viele Faktoren zusammengespielt. Ich glaube einfach, dass man an unserem Haus sehr gut sieht, wie es über Generationen gewachsen ist. Und das macht uns einfach einzigartig. Sowas kann man mit keinem Geld der Welt kaufen.
www.muehltalhof.at
Du willst kochen wie der Rachinger? Dann hier entlang.

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