Smarter Terroirist

Richtig geerdet: Bei Harald Irka sprießen die Ideen wie furchtlose Keimlinge aus dem nahrhaften Köpfchen. Wie das gehypte Ausnahmetalent am Boden bleibt.
November 13, 2015

Harald Irka Fotos: Monika Reiter, Foodbilder: Marion Luttenberger

Es ist der 25. November 2013. LEADERS OF THE YEAR-Gala in Wien. Die Größen der österreichischen Branche busseln sich beherzt die antiquierten Wangen und lassen sich von interessierten Zaungästen bestaunen. Besonders auffällig: Noch mehr verstohlene Blicke als ein Reitbauer oder Trettl erntet der heute 23 Jahre junge Harald Irka. An diesem Abend hochverdient als „Aufsteiger des Jahres“ ausgezeichnet, war Irka bereits damals Tuschelthema Nummer eins. Für die breite Gastro-Gemeinde ein kaum begreifbares Phänomen. Denn während sich die mit allen medialen Wassern gewaschenen Szenetiger durch die Menge umarmten, genoss Irka im Schatten seines Förderers Albert Neumeister still und unscheinbar seinen Abend.

Mittlerweile sind fast zwei Jahre vergangen und der oberösterreichische Chefkoch der Saziani Stub’n hat sich auch im Rest Europas einen Namen gemacht. Das im steirischen Straden arbeitende Ausnahmetalent kocht neben Visionären wie Magnus Nilsson oder Harald Wohlfahrt und entlockt selbst schärfsten Kritikern durchgehende Lobeshymnen. Und gerade erschien auch noch sein erstes Kochbuch: „Terroir“. Der Titel kurz und prägnant, genauso wie sein Macher und seine Gerichte. Zudem passt er natürlich auch noch perfekt zum Neumeister’schen Weingut. Herausgegeben wird das imposante Werk im Eigenverlag: „Ursprünglich ist ja der Styria-Verlag schon 2013 an mich herangetreten. Wir haben uns dann viel Arbeit angetan, aber es ist ein halbes Jahr lang nichts passiert!“

Die Pläne mit den steirischen Buchherausgebern wurden über den Haufen geworfen und quasi auf Do-it-yourself-Methode umgestellt. So wurde im Mai letzten Jahres mit der Produktion begonnen. Die Gestaltung überließ man dem Grazer Studio Bruch, die Kapitel wurden auf die vier Jahreszeiten aufgeteilt. Was natürlich Sinn macht, denn in der Saziani Stub’n wird auch streng nach Saison gekocht. „Der Hauptaufwand bestand letztendlich darin, die Rezepte zu schreiben. Wir arbeiten sonst ja komplett ohne!“ Da fragen sich zu Recht viele Kollegen: „Wie macht der das?“ Nun, dazu sei gesagt, dass man bis zu einem gewissen Grad vieles erlernen kann, aber ein entscheidender Teil selbstverständlich aus einer ordentlichen Portion Talent entsteht.

Harald Irka Fotos: Monika Reiter, Foodbilder: Marion Luttenberger

Es ist der 25. November 2013. LEADERS OF THE YEAR-Gala in Wien. Die Größen der österreichischen Branche busseln sich beherzt die antiquierten Wangen und lassen sich von interessierten Zaungästen bestaunen. Besonders auffällig: Noch mehr verstohlene Blicke als ein Reitbauer oder Trettl erntet der heute 23 Jahre junge Harald Irka. An diesem Abend hochverdient als „Aufsteiger des Jahres“ ausgezeichnet, war Irka bereits damals Tuschelthema Nummer eins. Für die breite Gastro-Gemeinde ein kaum begreifbares Phänomen. Denn während sich die mit allen medialen Wassern gewaschenen Szenetiger durch die Menge umarmten, genoss Irka im Schatten seines Förderers Albert Neumeister still und unscheinbar seinen Abend.

Mittlerweile sind fast zwei Jahre vergangen und der oberösterreichische Chefkoch der Saziani Stub’n hat sich auch im Rest Europas einen Namen gemacht. Das im steirischen Straden arbeitende Ausnahmetalent kocht neben Visionären wie Magnus Nilsson oder Harald Wohlfahrt und entlockt selbst schärfsten Kritikern durchgehende Lobeshymnen. Und gerade erschien auch noch sein erstes Kochbuch: „Terroir“. Der Titel kurz und prägnant, genauso wie sein Macher und seine Gerichte. Zudem passt er natürlich auch noch perfekt zum Neumeister’schen Weingut. Herausgegeben wird das imposante Werk im Eigenverlag: „Ursprünglich ist ja der Styria-Verlag schon 2013 an mich herangetreten. Wir haben uns dann viel Arbeit angetan, aber es ist ein halbes Jahr lang nichts passiert!“

Die Pläne mit den steirischen Buchherausgebern wurden über den Haufen geworfen und quasi auf Do-it-yourself-Methode umgestellt. So wurde im Mai letzten Jahres mit der Produktion begonnen. Die Gestaltung überließ man dem Grazer Studio Bruch, die Kapitel wurden auf die vier Jahreszeiten aufgeteilt. Was natürlich Sinn macht, denn in der Saziani Stub’n wird auch streng nach Saison gekocht. „Der Hauptaufwand bestand letztendlich darin, die Rezepte zu schreiben. Wir arbeiten sonst ja komplett ohne!“ Da fragen sich zu Recht viele Kollegen: „Wie macht der das?“ Nun, dazu sei gesagt, dass man bis zu einem gewissen Grad vieles erlernen kann, aber ein entscheidender Teil selbstverständlich aus einer ordentlichen Portion Talent entsteht.

Perlhuhn von Harald Irka

Harald Irka Und mit diesem scheint der Mozart der Küche wahrlich gesegnet zu sein. Es ist verblüffend, wie in seinem Kopf die spannendsten Aromen aus einem Universum an Möglichkeiten zueinanderfinden. Und diese findet er überall: am Straßenrand, im Wald und zuletzt auch vermehrt auf Reisen. Sein streng dogmatischer Blick auf die Region ist einem weltoffeneren Geschmacksbild gewichen. Irka war in den vergangenen Monaten viel unterwegs und hat sich verschiedenste Kollegen angesehen. Einen nachhaltigen Eindruck auf der Karte des 23-Jährigen hatte auch der nicht lange zurückliegende Japan-Trip. Noch reduzierter und geschmacklich ausbalancierter präsentieren sich seitdem die Gerichte. „Japan ist einfach so anders, dass man unmittelbar fasziniert ist.“

Ein Pflichttermin in Tokio war auch der Besuch beim seit Jahren als weltbester Sushi-Koch titulierten Jiro Ono. „300 Euro für 30 Minuten Sushi sind aber meiner Meinung nach überbewertet. Es war bestimmt außergewöhnlich, aber man muss nicht zwingend dorthin.“ Auf die Frage, wie er es denn geschafft habe, einen der heiß begehrten limitierten Plätze in René Redzepis Popup zu ergattern, erwidert er mit vollkommenem Selbstverständnis: „Ich habe ganz einfach René angerufen.“ Laut Irka war auch in Tokio Redzepis ganz individuelle Handschrift jederzeit erschmeckbar. „Und er hat den Japanern Produkte aus ihrem eigenen Land präsentiert, die sie bestimmt noch nicht kannten!“ So wie die meisten Europäer war auch Irka bei seinem Erstbesuch vom Purismus der japanischen Küche fasziniert. Und das schmeckt man jetzt auch in den neuen Gerichten. „Ich habe anscheinend auch schon unterbewusst die eine oder andere aus Japan inspirierte Kreation geschaffen.“ So machte ihn eine österreichische Journalistin darauf aufmerksam, dass sein in hauchdünne Scheiben geschnittener Rettich gefüllt mit rohen Jungstierfiletscheiben wie makiartige Rollen daherkommen. „Vielleicht hätte ich so ein Gericht ohne den Japan-Trip nicht gemacht. Vieles passiert einfach, aber vor allem finde ich die absolute Reduziertheit der Nippon-Küche spannend.“

Auch die Schärfe bei Speisen wird zum immer wichtigeren Thema. „Wir nehmen uns jetzt vermehrt der Gewürze an“, sagt Irka. Die Initialzündung dazu kam anscheinend bei einem Tim-Raue-Besuch in Berlin. „An Schärfe trauen sich in unserem Business nur die wenigsten heran“, grübelt Irka. Das mache Raue grandios. Er und sein Team nähern sich dem perfekten Schärfegrad durch He­rantasten beim Abschmecken. Auch Fermentation steht beim experimentierfreudigen Talent nach wie vor auf der Tagesordnung. „Wir tüfteln gerade an selbst gemachten Fischsaucen herum. Ein Bereich, der nie fad wird und bei dem man tolle neue Aromen entdecken kann“, erklärt Irka seine nach wie vor bestehende Faszination.

Wildente von Harald Irka

Heidelbeere mit Schafmilch, Thymian und Birne

Harald Irka Stellt sich nur die Frage, wann denn beim straffen Wochenprogramm Zeit zum Kreativsein bleibt. „Donnerstagvormittag ist unsere ,Laborphase‘“, sagt Irka. Das Team der Saziani Stub’n kann nämlich mittwochs bereits die Mise-en-place-Arbeiten für Donnerstag vorbereiten. Und so arbeitet das vierköpfige Küchenteam fasziniert auf neue Geschmackskombinationen hin. Neben der Küchenmannschaft besteht das Saziani-Stub’n-Team derzeit noch aus drei Servicekräften und Patron Albert Neumeister. Wobei als Neuerung immer ein Koch beim Service mit dabei ist, um die Gerichte den Gästen zu erklären und, wenn nötig, wichtiges Feedback zeitnah in der Küche zu deponieren. Ab Juni gibt es auch noch zusätzlich einen Sommelier im Team. „Wir haben inzwischen um die 800 Positionen im Keller, da braucht man schon einen Experten, der sich dem fachlich profund widmet!“

Zwiegespalten ist seine Einstellung aktuell zum Thema Insekten. Neben ROLLING PIN war er da auch für andere Medien immer wieder gern gefragter Experte, doch will er mit dem Thema ab sofort nichts mehr zu tun haben. „Tatsache ist: Es schmeckt nach nichts! Ich habe mich jetzt über einen längeren Zeitraum intensiv damit beschäftigt und daher kann ich diese Aussage getrost tätigen.“ Deshalb werden die Krabbeltiere auch nicht den Weg auf die Teller der südoststeirischen Gourmetbastion finden. „Der Verein Speiseplan ist da über Zukunftsforscherin Hanni Rützler an mich herangetreten, um etwas mit Insekten zu machen. Und da ich nicht Nein sagen kann, habe ich Ja gesagt.“ Und somit avancierte er zum bis dato einzigen österreichischen Spitzenkoch, der sich diesem spannenden Thema gewidmet hat. „Die Geschichte wäre eine andere, würden auch andere namhafte Kollegen den Mut aufbringen, sich damit zu beschäftigen. Aber das tut keiner! Vielleicht ist es ja auch noch 20 Jahre zu früh?“, seufzt Irka mit einem einhergehenden Achselzucken.

Lieber treibt er sich stattdessen in den Wäldern rund um Straden herum und sucht nach neuen Möglichkeiten. So stellte er unlängst aus Bärlauch-Blütenknospen Bärlauch-Kapern her. Oder fabrizierte Löwenzahnhonig. Auch Kirschblüten wurden eingelegt. „Wir wissen bis jetzt zwar noch nicht, was wir damit machen werden, aber es fällt uns bestimmt etwas ein“, schmunzelt der Saziani-Stub’n-Küchenchef. An kreativen Einfällen mangelte es Irka bis dato wahrlich nicht. Vielmehr jedoch am Bedürfnis, sich der Öffentlichkeit zu stellen. „Das war vor allem ganz am Anfang schwierig. Es ging ja quasi von null auf 100!“ Mittlerweile kennt der talentierte Koch die einschlägige Gourmetjournaille jedoch schon besser und gibt sich auch dementsprechend entspannter. „Nur im TV fühle ich mich nach wie vor nicht wohl!“, schildert er seine Erfahrungen mit den Fernsehmachern. Es gebe zwar immer wieder Interesse von den großen TV-Stationen Österreichs, aber Albert Neumeister fängt solche Anfragen im Einvernehmen mit seinem Küchenchef gleich ab. „Dadurch erfahre ich auch gar nicht, worum es geht. Meistens aber wahrscheinlich ums Kochen mit Insekten“, schüttelt Irka seinen dunkelschwarzen Kopf.

Erfolgsdruck verspürt er bis heute keinen. „Die Gäste kommen doch vor allem wegen des Essens. Und auch die Führer beurteilen uns bis dato nicht so, als ob sie mit unserer Linie grundlegend unzufrieden wären“, formuliert Irka seine kulinarischen Top-Noten herrlich bescheiden. Auf die Frage, wie der junge Chefkoch denn seine Zukunft sehe, antwortet er das erste Mal nicht nachdenklich: „In den letzten Jahren hatte ich immer den Plan, irgendwann wieder einmal nach Linz zurückzugehen. Aber mittlerweile fühle ich mich hier in Straden richtig wohl.“ Woher dieser Sinneswandel kommt, folgt fast beiläufig in einem Nebensatz: „Es ist ja ein offenes Geheimnis, dass Albert Neumeister bald in Pension gehen will. Und wir haben darüber geredet, dass es auch eine Option für mich wäre, hier den Betrieb zu übernehmen.“ Eine Nachricht, die in der Branche wieder einmal für Furore sorgen wird. Und dennoch macht es Sinn, dass das junge, unerschrockene Talent auch diese Herausforderung annimmt. Denn in der steirischen Idylle findet Irka das optimale Umfeld für seine kreativen Einfälle. Und wer sollte sonst den mittlerweile legendären Ruf der Saziani Stub’n weiterführen als derjenige, der bereits mit zarten 19 Jahren die Szene aufgrund seiner klaren Art zu kochen verblüffte.

www.neumeister.cc

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