Die grosse Lebensmittel(r)evolution: so essen wir in Zukunft

Willst du mich Pflanzen? Insekten, Pflanzen und Fisch aus der Großstadt sagen dem Fleisch den Kampf an – ROLLING PIN wirft einen Blick in die Glaskugel und sieht sich an, woran Produzenten im Jahr 2033 arbeiten könnten.
August 13, 2018 | Text: Sissy Rabl | Fotos: Monika Reiter

Es ist ein Montag im Jahr 2033. Zum Frühstückskaffee isst du eine Schale Insekten-Granola mit Früchten und Joghurt. In die Arbeit nimmst du dir einen Salat mit, den du in deiner kleinen Indoor-Farm in einem Glaskasten in der eigenen Küche angesetzt hast. Beim Abendessen mit Freunden stehen dir im Stammbeisl neben einem Dry-Aged-Steak von Wagyu-Rindern auch ein Burger mit In-vitro-Fleisch, Fisch aus Aquaponik-Kulturen aus der Nachbarschaft und eine ganze Reihe an Gerichten mit Gemüse und pflanzlichen Komponenten, die du so vielleicht vor einigen Jahren noch gar nicht kanntest, zur Auswahl.

Aquaponik: Fische, die gegen den Strom schwimmen

Mag dieses Szenario auch leicht überspitzt sein, gibt es doch genug Anzeichen, dass sich die Ernährung in den nächsten 15 Jahren in diese Richtung bewegen wird. Und das nicht nur aus einer Mode heraus, sondern zum Teil auch aus Notwendigkeit. Der diesjährige Welterschöpfungstag fiel auf den 1. August: Laut dem Global Footprint Network hat die Nachfrage der Weltbevölkerung an endlichen Ressourcen mit diesem Tag die Kapazität der Erde, diese zu reproduzieren, für 2018 überstiegen.

Man muss diese Zahlen nicht überprüfen, damit man ein unbestrittenes Problem vor Augen hat: Die Weltbevölkerung wächst stetig weiter, während unsere Ressourcen endlich und unser Konsumverhalten wenig nachhaltig sind. Insbesondere auch das Wachstum der Mittelschicht belastet die Umwelt weiter, denn sie kann sich auch den Verzehr von Fleisch leisten. Die Soja- und Getreideproduktion zur Herstellung von Tierfutter hat sich intensiviert, von Überweidung, Überfischung, Waldschädigung und Treibhausgasen ganz abgesehen.

Es ist ein Montag im Jahr 2033. Zum Frühstückskaffee isst du eine Schale Insekten-Granola mit Früchten und Joghurt. In die Arbeit nimmst du dir einen Salat mit, den du in deiner kleinen Indoor-Farm in einem Glaskasten in der eigenen Küche angesetzt hast. Beim Abendessen mit Freunden stehen dir im Stammbeisl neben einem Dry-Aged-Steak von Wagyu-Rindern auch ein Burger mit In-vitro-Fleisch, Fisch aus Aquaponik-Kulturen aus der Nachbarschaft und eine ganze Reihe an Gerichten mit Gemüse und pflanzlichen Komponenten, die du so vielleicht vor einigen Jahren noch gar nicht kanntest, zur Auswahl.

Aquaponik: Fische, die gegen den Strom schwimmen

Mag dieses Szenario auch leicht überspitzt sein, gibt es doch genug Anzeichen, dass sich die Ernährung in den nächsten 15 Jahren in diese Richtung bewegen wird. Und das nicht nur aus einer Mode heraus, sondern zum Teil auch aus Notwendigkeit. Der diesjährige Welterschöpfungstag fiel auf den 1. August: Laut dem Global Footprint Network hat die Nachfrage der Weltbevölkerung an endlichen Ressourcen mit diesem Tag die Kapazität der Erde, diese zu reproduzieren, für 2018 überstiegen.

Man muss diese Zahlen nicht überprüfen, damit man ein unbestrittenes Problem vor Augen hat: Die Weltbevölkerung wächst stetig weiter, während unsere Ressourcen endlich und unser Konsumverhalten wenig nachhaltig sind. Insbesondere auch das Wachstum der Mittelschicht belastet die Umwelt weiter, denn sie kann sich auch den Verzehr von Fleisch leisten. Die Soja- und Getreideproduktion zur Herstellung von Tierfutter hat sich intensiviert, von Überweidung, Überfischung, Waldschädigung und Treibhausgasen ganz abgesehen.

Dieser Gedanke ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen und hat den Anstoß zu zahlreichen Trends, Entwicklungen und Veränderungen gegeben. Vegetarische, vegane und Fleischersatzprodukte sind aus dem Supermarkt und den meisten Restaurants nicht mehr wegzudenken. Stichworte wie Regionalität, Saisonalität und Abfallmanagement fallen so gut wie in jedem Gespräch mit Köchen und Gastronomen.

Und natürlich werden auch Lebensmittelproduzenten immer kreativer und innovativer in ihrer Suche nach nachhaltigeren Wegen zu arbeiten. Dabei gibt es die verschiedensten Wege, dem Problem zu begegnen. Einer davon krabbelt und kriecht täglich vor unseren Füßen.

Das große Krabbeln

Für ungefähr zwei Milliarden Menschen weltweit sind sie bereits fester Bestandteil ihrer Ernährung: Insekten sind enorme Proteinspender und werden mittlerweile auch von der FAO – der Lebensmittelbehörde der UNO – als Nahrungsmittel em- pfohlen. Nicht nur der Proteingehalt ist sehr hoch, Insekten gibt es auch überall in rauen Mengen, sie pflanzen sich schnell fort und haben einen minimalen ökologischen Fußabdruck.

Perfekter Fleischersatz also, wäre da nicht die Reserviertheit der westlichen Gesellschaft gegenüber dem Verzehr von Gliederfüßern. Dabei hat sich mit Anfang 2018 wenigstens der legale Weg geebnet, um Insekten in der Europäischen Union zum Verzehr anzubieten. Von der Union werden Insekten als neuartiges Lebensmittel gehandhabt – auch wenn sie in anderen Nationen bereits seit Jahrtausenden konsumiert werden – und müssen ein Zulassungsverfahren bestehen. Dabei wird vor allem auch auf toxikologische Risiken und allergens Potenzial geprüft. Während das Gesetz davor noch lückenhaft war, wurde es mit der Novellierung Anfang des Jahres klarer. Der Weg ist geebnet für Insektenprodukte.

Aeroponik: Pflanzen, die nur von Luft und Liebe leben.

Einer der Pioniere auf diesem Feld ist Daniel Mohr. Er will mit seiner Firma Plumentofoods ganz simpel die Welt retten. Sein Unternehmen mit Sitz in Baden-Württemberg hat dieses Jahr Cookies, Granola, Nudeln, Spätzle und Ähnliches mit einem zehnprozentigen Anteil Insekten auf den Markt gebracht. „Wir wollen den Konsum von Insekten alltagstauglich machen“, sagt Mohr. Der niedrige Prozentsatz an Insektenanteil und die vertrauten Wohlfühlprodukte sollen den Einstieg für Skeptiker erleichtern.

„Das Marketing gestaltet sich allerdings nicht einfach. Wir bilden absichtlich keine Insekten ab, um Kunden nicht abzuschrecken. Die meisten zeigen sich zwar interessiert, aber die Hemmschwelle ist besonders bei Erwachsenen deutlich zu spüren“, fasst Mohr seine Erfahrungen zusammen. Er selbst hat 14 Jahre lang in China gelebt, wo der Insektenkonsum selbstverständlich ist. Eine ähnliche Vision hat er für Europa.
Seine Buffalowürmer werden in den Niederlanden produziert. Sein Zulieferer expandieren gerade, denn die Nachfrage steigt. Mohr verarbeitet die Würmer dann zu Mehl und produziert Nudeln und Co. Momentan ist die Produktion noch recht kostspielig, aber das könnte sich mit steigender Menge bald ändern.
Mittlerweile werden seine Produkte auch in Rewe-Läden, bei DM und der Metro verkauft. Auch die Food-Trend-Forscherin Hanni Rützler sieht viel Potenzial in essbaren Insekten: „Rein aus ernährungspsychologischer Sicht hätten wir mit Insekten das globale Ernährungsproblem gelöst“, sagt sie.

Europa, insbesondere der deutschsprachige Kulturraum, sei kulinarisch konservativ und müsse in dieser Hinsicht erst erobert werden. „Manchmal wundert mich, dass wir Garnelen sehr wohl genießen können, aber bei Heuschrecken spüren wir einen inneren Widerstand“, sagt Rützler. Zukünftig denkbar wäre als erster Schritt Insekten in verarbeiteter Form zu essen, oder sie als Futtermittel für Tiere einzusetzen. Zwar geht sie nicht davon aus, dass Insekten bis 2033 schon im Westen alltagstauglich sind für das Mittagsmenü, aber das Potenzial sei enorm.

Spinat statt Steak

Rützler ist allerdings davon überzeugt, dass in den nächsten 15 Jahren Pflanzen in Relation zu Fleisch eine Aufwertung erfahren werden. „Ich glaube nicht, dass wir alle vegan werden, aber den Zenit des Fleischkonsums haben wir schon überschritten“, sagt sie. Waren bisher die meisten Gerichte rund um das Fleisch herum aufgebaut, soll es in Zukunft vermehrt pflanzenbasierte Gerichte geben, die im Auge des Konsumenten gleichwertig mit einem Schnitzel oder einer Currywurst wahrgenommen werden.

Diese Entwicklung hat mehrere Konsequenzen: Zum einen wird die Pflanzenproduktion angekurbelt, zum anderen nach mehr Fleischersatzprodukten gesucht und letztlich auch als Gegenbewegung das Fleisch neu entdeckt, romantisiert und durch neue Techniken wieder aufgewertet. Der vermehrte Bedarf an Pflanzen und Salaten wirft natürlich die Frage auf, wie bei verstärktem Städtewachstum noch regional und nachhaltig angebaut werden soll.

Die Antwort liefern Techniken, die endlich den Kreislauf schließen. Aeroponik zum Beispiel ist eine Technik, um Pflanzen indoor ganz ohne Erde, Pestizide oder hohen Wasserverbrauch zu kultivieren. Dabei werden nur die Wurzeln der Pflanzen in regelmäßigen Abständen mit nährstoffangereichterem Wasser bespritzt. Die Technologie wurde ursprünglich von der NASA für die Raumfahrt vorangetrieben, findet jetzt aber immer mehr Anklang in städtischen Räumen.

Noch beliebter allerdings ist die Aquaponik. Dabei entsteht ein ressourcenschonender Kreislauf zwischen Fischzucht und Pflanzensaat. Fische werden in einem Becken gehalten, das mit Exkrementen der Tiere versetzte Wasser wird dann zum Anbau von Pflanzen in Hydroponik-Kulturen verwenden. Hydroponik wiederum bedeutet, dass Pflanzen ohne Erde in Wasserbecken heranwachsen. In Wien hat dieses Jahr der erste große Aquaponikbetrieb mit Blün eröffnet.
Dort werden Fisch, Tomaten, Paprika, Zwiebel und Co. lokal und energieeffizient produziert, die Liste der Kunden wird immer länger. „Wir müssen lernen, in Kreisläufen und keinen Abfall zu produzieren. Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das überhaupt Abfall produziert“, kommentiert Hanni Rützler diese Entwicklung.

Nicht Fisch, nicht Fleisch

Der Umschwung von reiner Fleischfresserei zu pflanzlichen Alternativen wird jedoch nicht von einem Tag auf den nächsten und ganz ohne Zwischenschritte verlaufen. Gerade deswegen kann man in der näheren Zukunft, also auch den nächsten 15 Jahren, mit besonders vielen innovativen Fleischersatzprodukten rechnen, die langsam die Monarchie der Fleischeslustigen zum Fall bringen werden.

Der Leberkäse-Hersteller Neuburger beispielsweise hat die Marke Hermann Fleischlos lanciert, nur um mit Fleischersatzprodukten aus Kräuterseitlingen zu experimentieren. Ziel ist es dabei, der Konsistenz, Form und dem Geschmack des Fleisches ohne Zusatzstoffe so nahe wie möglich zu kommen. „Der mitteleuropäische Raum ist eher konservativ und manchmal fehlt uns da auch die kulinarische Fantasie. Da fällt der Einstieg in eine fleischärmere Ernährung oft leichter mit Produkten, die geschmacklich ähnlich sind“, meint Hanni Rützler zu fleischimitierenden Ersatzprodukten.

Fleisch: Einen Moment, Ihr Steak hangt noch am Tropf!

Neben natürlichen Alternativen zu Fleischprodukten wird auch stark an der Entwicklung von Fleisch im Labor und genetisch veränderten Optionen gearbeitet. Erst Ende 2016 sorgte der Impossible Burger aus den USA in sozialen Medien für Furore. Das Fleischimitat war aus rein pflanzlichen Stoffen hergestellt worden, blutete sogar und ist auch in Farbe und Konsistenz nahe am Original. Das Geheimnis dabei ist die Häme, der eisenhaltige Farbstoff roter Blutkörperchen. Patrick Brown, Erfinder des Impossible Burgers, konnte das Protein gewinnen, indem er ein Gen der Sojabohne in Hefe injizierte.

Während das Verfahren in den USA für zulässig erklärt wurde, stößt es in Europa auf Widerstand. Auch In-vitro-Fleisch ist noch lange nicht marktreif. Obwohl Größen der Technik wie Elon Musk und Bill Gates in In-vitro-Projekte investieren, wird es wohl noch mindestens ein Jahrzehnt dauern, bis ein halbwegs leistbares und überzeugendes Produkt verkauft werden kann. Ganz abgesehen von legalen Hürden und der generellen Skepsis der Konsumenten.

„Würde ich In-vitro-Produzenten beraten, würde ich ihnen den Einstieg nicht in Europa empfehlen. Beim Essen sind wir eher romantisch und technologiefeindlich“, fasst Hanni Rützler zusammen. Also darf man in den nächsten 15 Jahren mit einigen innovativen Alternativen zu Fleisch, dem Ausbau von Urban Farming und Kreislaufsystemen sowie dem großen Siegeszug pflanzlicher Gerichte rechnen.
Im Gegenzug wird traditionelles Fleisch mit mehr Auge für Qualität und Herkunft behandelt werden, um auch gegen die billige Massenware und hochwertige pflanzliche Alternativen bestehen zu können. Wer allerdings auf den europäischen Impossible Burger wartet, setzt am besten noch mal 15 Jahre drauf.

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