Wie diese Proxy-Pioniere Tee zum Kultgetränk machen
Proxies heißen sie – jene alkoholfreien Getränke, die so komplex und spannend sind, dass sie es locker mit Wein aufnehmen. Tatsache ist: Weil Gäste bewusster trinken als je zuvor, eröffnen sich völlig neue Welten im Glas. „Verzicht“ ist zu einem eigenen kulinarischen Genre geworden – mit wachsendem Umsatz und der klaren Message: Geschmack braucht keinen Alkohol. Aber alles der Reihe nach.
Proxies heißen sie – jene alkoholfreien Getränke, die so komplex und spannend sind, dass sie es locker mit Wein aufnehmen. Tatsache ist: Weil Gäste bewusster trinken als je zuvor, eröffnen sich völlig neue Welten im Glas. „Verzicht“ ist zu einem eigenen kulinarischen Genre geworden – mit wachsendem Umsatz und der klaren Message: Geschmack braucht keinen Alkohol. Aber alles der Reihe nach.
Tee statt Traube
Christian Kloss, Önologe und Sektkellerei-Besitzer aus Winningen an der Mosel, hatte genug von langweiligen Alternativen: „Wer will schon entalkoholisierten Wein trinken, der ungefähr so spannend ist wie Clausthaler vor 30 Jahren? Ich nicht – und die Haubengastronomie auch nicht.“
Inspiriert von den skandinavischen Sparkling-Tea-Pionieren rund um Bo Sten Hansen entwickelt Kloss seit acht Jahren seine beherzten Sparkling Teas. Sein Ansatz ist ebenso einfach wie raffiniert: eine Cuvée aus verschiedenen Teesorten, aufgegossen bei exakt 82 Grad, kurz gezogen, dann mit Zutaten wie Streuobstsaft, fermentiertem Knollensellerie und ätherischen Ölen aus Lavendel, Ringelblume oder Zirbe verfeinert – und schließlich karbonisiert.
Das Ergebnis: acht Geschmacksrichtungen mit feiner Perlage, niedrigem Zuckergehalt (15–40 g/l) und erstaunlicher Tiefe. „Unsere Kräutertees sind alkoholfreie Weinalternativen, die ausschließlich aus regionalen, natürlichen Zutaten bestehen – ohne chemische Zusätze“, sagt Kloss.
Rund 100.000 Flaschen produziert der Winzer pro Jahr, vor allem für junge, urbane und weibliche Konsumenten. Während drei Viertel seines Umsatzes noch auf die klassische Sektkellerei entfallen, wächst das Segment der alkoholfreien Produkte rasant. „Ob als Aperitif, als universelles Menü-Pairing oder in der Bar auf Eis – die Nachfrage steigt stetig.“
Besonders in Zeiten wie Dry January oder Detox-Fasten boomen die Verkäufe. „Jeder Gastronom, der keine Antwort auf den Dry January hat, verliert ganz sicher jede Menge Gäste“, meint Kloss pragmatisch. Seine Zukunftsvision, in dessen Brust nun zwei Winzerherzen schlagen, reicht bis 2026: „Wir experimentieren bereits mit einer alkoholfreien Gärung, die dennoch natürliche Kohlensäure in der Flasche hält – ganz ohne Tricks!“
Combuchont – Kultgetränk aus den Voralpen
„Ich wollte einfach auf Augenhöhe trinken können. Herr meiner Sinne sein – und den Gesundheitsaspekt, wie in meiner Küche, ganzheitlich denken“, skizziert Sternekoch Klemens Gold aus Großraming seine persönliche Mission: eine Wein-Alternative, die seinem nature-based cuisine-Konzept im Restaurant Rau gerecht wird. „Ich habe nichts gegen hochwertigen Wein, der gut vinifiziert ist – aber das ist in 90 Prozent der Produkte nicht der Fall.“

So startete der Sternekoch vor 14 Jahren als Quereinsteiger seine mikrobiologischen Experimente. 2020 dann der Durchbruch: Combuchont – ein Hybrid aus Kombucha, Champagner-Philosophie und Küchenalchemie.
„Basierend auf Kombucha habe ich die Essigsäurebakterien durch Fermentierung bereinigt und so völlig neue Hefekulturen geschaffen, die nicht nach Essig schmecken.“ Die Basis: Quellwasser aus den Bergen, verschiedene Teesorten – mehrfach aufgegossen –, Kräuterinfusionen von Feigenbaumblatt oder Shiso und Biorohrzucker aus Mauritius. Das Konglomerat kommt zur Gärung, bevor der Combuchont kalt abgefüllt und karbonisiert wird.
Eine fermentierte Zukunft
Die Produkte werden nicht nach Aromen, sondern nach Geschmacksrichtungen eingeteilt: süß, sauer, salzig, bitter und umami. „Der Unterschied zu anderen ist, dass wir Wildhefe aus unserem biodynamischen Garten verwenden und keine Hefe zukaufen.“

Das Sortiment in der Teekellerei Schraml umfasst einen Low-Combuchont mit drei Volumsprozent Alkohol – nach klassischer Champagner-Methode, drei Jahre gereift, ein perfekter Begleiter zu Austern – sowie den No-Combuchont mit 0,12 % Alkohol, durch gestoppte Gärung bestens balanciert zwischen Säure, Restzucker und Überdruck.
Der Bestseller: Combuchont Rosé mit Rooibos und Hibiskus – ideal zu Gerichten mit Sauerrahm, Preiselbeeren oder Dirndlkirschen und längst fixer Bestandteil auf den Karten vieler heimischer Haubenrestaurants. „Über richtiges Pairing soll sich ruhig jeder meiner Kochkollegen selbst Gedanken machen“, scherzt Gold.
Und eines stellt der Neo-Teemeister aus den Voralpen noch klar: „Sag niemals Proxy zu unserem Combuchont! Wir wollen Jahrtausende alte Weinkultur nicht ersetzen, sondern sie sinnvoll und gesund ergänzen.“


