Rindfleisch: Wegen Corona-Krise bricht Preis ein

Weil vonseiten der Gastronomie und des Auslands keine Nachfrage besteht, ist plötzlich viel zu viel Rindfleisch am Markt. Was tun mit der Ware?
März 26, 2020 | Fotos: Shutterstock

Jenseits von Spargel und Beeren

Auch die Landwirtschaft bleibt von der Corona-Krise nicht verschont, im Gegenteil: Stand bis vor Kurzem die urbane Privatwirtschaft im Fokus der finanziellen Hilfsmaßnahmen des Staates, wird seit einigen Tagen zunehmend klar: Bauern, Landwirte und Viehzüchter stehen coronabedingt mit dem Rücken zur Wand.

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Durch den wirtschaftlichen Einbruch rund um die Corona-Krise besteht auch keine Nachfrage mehr nach Rindfleisch – vor allem in den wichtigen Segmenten der Gastronomie im In- und Ausland. Die momentanen Preise sind katastrophal.

Denn neben den fehlenden Erntehelfer – deren Ausbleiben sich bereits auf den Spargelpreis auswirkt – für die anstehende Gemüse- und Beerenernte, trifft es nun auch die Fleischbranche. Genauer gesagt: Die Rinderbauern.

Was bedeudet die momentane Rindfleischkrise?

Das Problem: Die massenhafte Schließung von Restaurants, Kantinen und Catering-Unternehmen verursachte einen ungeahnten Einbruch der Nachfrage nach Fleisch – vor allem nach Rindfleisch. Hinzu kommt die Schließung der Grenzen zu den deutschen Exportdestinationen wie Italien, Frankreich und den Benelux-Ländern, die außerdem ohnehin keine gastronomischen Abnehmer mehr Ware benötigen.

Da jedoch die Rinderzüchtung, -Haltung und Schlachtung bis jetzt in den üblichen Mengen aufrechterhalten worden war, gibt es jetzt schlicht und ergreifend zu viel Rindfleisch auf dem Mark – falls man in der momentanen Situation überhaupt noch von „Markt“ sprechen kann.

Es geht in erster Linie darum, dass Mengen vom Markt genommen werden. Bei Fleisch wird es dann entsprechend tiefgefroren und zu einem späteren Zeitpunkt beispielsweise in der Lebensmittelverarbeitung wieder in den Markt gebracht.

Österreichs Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger über die Möglichkeit, das überschüssige Fleisch von den EU-Bauern von der EU-Kommission aufkaufen zu lassen

Wie agrarheute.com berichtet, sank bereits letzte Woche der Preis von Jungbullen der Handelsklasse R3 um 26 Cent im Vergleich zur Vorwoche. Das bedeutete gerade einmal 3,36 Euro pro Kilogramm. Noch schlimmer verhielt es sich mit den Kühen: Hier lagen die Einbußen im Vergleich zur Vorwoche bei satten 40 Cent. Was also tun?

Gibt es Lösungsvorschläge?

Nach der gestrigen Video-Konferenz der EU-Landwirtschaftsminister ist nun von einem Vorschlag die Rede, über den jedoch derzeit nur laut nachgedacht wird: Die EU-Kommission könnte insofern in den Markt eingreifen, als dass sie eine bestimmte Menge an überschüssigem Rindfleisch kauft, es vorerst lagert – und damit das Angebot an die derzeit geringe Nachfrage anpasst.

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Die EU-Kommission denkt darüber nach, Rindfleisch-Mengen vom Markt zu nehmen.

Dass damit  durchaus eine Preisstabilisierung erzielt werden könnte, davon ist auch die österreichische Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) überzeugt. „Es geht in erster Linie darum, dass Mengen vom Markt genommen werden. Bei Fleisch wird es dann entsprechend tiefgefroren und zu einem späteren Zeitpunkt beispielsweise dann eben auch in der Lebensmittelverarbeitung wieder in den Markt gebracht. Da gibt es unterschiedliche Möglichkeiten. Speziell bei Milch und Fleisch ist das durchaus eine gängige Praxis“, so Köstinger.

Was ist mit der Milch?

Während die Preise für Kühe auf besorgniserregende Weise im Sinken begriffen sind, verhält es sich mit den Milchprodukten erstaunlicherweise etwas differenzierter. Der deutschen Wochenzeitschrift Stern erklärte Hans-Jürgen Seufferlein, der Direktor des Verbands der Milcherzeuger Bayern: „Wir haben eine extreme Änderung der Warenströme innerhalb sehr kurzer Zeit.“

Was so viel bedeutet wie: Die Molkereien verfügen – eigentlich – über ausreichend Milch, nur können bei weitem nicht alle ihren Milchbestand ausliefern. Denn während die Aufträge für den heimischen Lebensmitteleinzelhandel doppelt so hoch wie sonst sind, müssen Molkereien mit starkem Exportanteil oder einem Großteil an gastronomischer Kundschaft zunehmend um ihre Existenz fürchten.

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Für die leidgeprüften Milchbauern ist es eine verzwickte Situation: Die Molkereien verfügen – eigentlich – über ausreichend Milch, nur können bei weitem nicht alle ihren Milchbestand ausliefern.

Für die deutsche Milchwirtschaft, die den heimischen Bedarf mit ihren Produktionsmengen bei weitem übertrifft und damit auf den Export angewiesen ist, sind das natürlich keine guten Nachrichten. Ob jedoch auch hinsichtlich der Milchmengen die EU-Kommission über ein Aufkaufen nachdenkt, ist – zumindest momentan – noch nicht klar.

Abwegig jedenfalls wäre es nicht, denn erinnern wir uns: Nachdem im Jahr 2015 die berüchtigte Milchquote, die für jedes Mitgliedsland eine feste Maximalproduktionsmenge festlegte, ausgelaufen war, schwelgte die gesamte EU in einer verhängnisvollen Überproduktion. Die Preise brachen ein, die EU kaufte den Bauern daraufhin knapp 400.000 Tonnen (!) Milch ab – und lagerte sie als Magermilchpulver ein, davon allein 66.000 Tonnen in Deutschland. Doch ähnlich wie beim Rindfleisch stellt sich dabei die Frage: Wann und wie können diese astronomischen Mengen jemals wieder verkauft werden?

Bleibt zu hoffen, dass die EU-Landwirtschaftsminister spätestens in ihrer nächsten Video-Konferenz Antworten auf diese drängenden, ja geradezu existenziellen Fragen finden.  

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